
Ist ein Leben ohne Hund zwar möglich, aber sinnlos? Nicht nur Mops-Fan Loriot vertrat ja diese Meinung und war wohl, wenn auch mit einem Augenzwinkern, mehr oder weniger davon überzeugt. Ich würde diese zweifellos reizvolle These - auch als eine Art Hardcore-Hundefreund - so nicht unterschreiben. Klar: Mit Hund hat das Leben einen zusätzlichen Sinn, dessen Wert gar nicht überschätzt werden kann. Aber: Stundenlange Wanderungen "über Stock und Stein" - natürlich zu Fuß, wenn auch ohne Tirolerhut oder Bundhose - gaben meinem Leben jahrzehntelang auch einen Sinn.
Wandern hat sich erledigt, ohne dass mein Leben "sinnentleert" geworden wäre - jetzt rolle ich eben auf meinem "elektrischen Stuhl" durch die Botanik, wo es möglich ist. Und ein Hund als echtes Familienmitglied kann zwar für viele behinderte Menschen ein ungetrübtes Glück für alle Beteiligten sein - für die auf zwei Beinen ebenso wie für den oder die vierbeinigen Fellnasen. Und ich behaupte mal, dass wir Zweibeiner - wenn wir ein wenig "Hundeverstand" haben, auf jeden Fall profitieren - sei es in dem Plus an Bewegung, sei es durch die Seelenmassage, die das intensive Miteinander von Mensch und Tier immer bedeutet (es kann statt Hund auch gern eine Katze, eine Ratte oder sonstwas sein).

Meine Frau und ich haben - schweren Herzens - auf den Hund als fester Mitbewohner und ständiger Freund verzichtet, nach dem viel zu frühen Tod unseres geliebten unvergessenen Fox-Großpudel-Mix mit dem schönen alten Dackelnamen "Waldi" vor mittlerweile mehr als fünf Jahren. Warum? Wir hätten zweifellos profitiert von einem "Waldi"-Nachfolger; nur wäre dieser Gewinn früher oder später zur "Einbahnstraße" geworden: Ich kann bedingt durch meine chronische Erkrankung (fortschreitender Morbus Parkinson) und ihre vielfältigen Symptome einem Tier kein wirklich artgerechtes Leben mehr bieten - und meine Frau ist noch auf Jahre hinaus zeitlich eingeschränkt mit ihrer Berufstätigkeit.
Warum ich so ausführlich über mein privates Leben plaudere? Das ist ja an sich eher uninteressant für die Besucher des Blogs chronischLEBEN. Ich meine, dass viele chronisch kranke und behinderte Menschen in einer ähnlichen Situation sind wie wir - "hundelose Hundefreunde".

Bleiben wir mal bei den Hunden. Tierheime suchen immer wieder nach "Gassigehern". Warum kann es nicht auch mal ein "Gassiroller" sein, der immRollstuhl einem Hund regelmäßig Spaziergänge ermöglicht, die das an sich eher eintönige und verhaltensstörende Tierheim-Leben erträglicher macht, bis der Hund dann hoffentlich ein neues Zuhause findet. Ich fürchte, mit der innovativen Idee des "Gassirollens" wird man in vielen Tierheimen nicht gleich auf Begeisterung und offene Zwingertüren stoßen.
Das ist durchaus verständlich: Viele (Tierheim-)Hunde können nicht verantwortungsvoll aus dem Rollstuhl heraus begleitet werden (an der Leine ohnehin - das ist aus gutem Grund beim Ausführen von Tierheim-Hunden Pflicht. Man sollte aber nicht so schnell aufgeben, wenn man nicht sofort mit offenen Armen im örtlichen Tierheim empfangen wird.
Fast immer findet sich nämlich ein Hund, der sicher aus dem Rollstuhl heraus begleitet werden kann. Das muss natürlich geprobt werden - aber: Der "richtige" Vierbeiner findet sich garantiert.
Übrigens sind in den Tierheimen immer auch Freunde von Haustigern willkommen, die in die meist überbelegten Katzenhäuser der Heime gehen und den Maunzern ein Stündchen ihrer Zeit schenken (und von diesen im Gegenzug reich beschenkt werden im sozialen Miteinander und Spiel). Die zeitweise Betreuung von Tierheim-Katzen ist mit so gut wie jeder Behinderung möglich.
Wir selbst sind - eher durch Zufall - zum Hundeleben auf Zeit gekommen: Eine Bekannte fragte uns, ob wir uns nicht mal ein paar Stunden um ihr einjähriges Hundemädchen kümmern könnten. Nach kurzem gegenseitigen Beschnuppern sagten wir hocherfreut zu. Nun ist die kleine Fellnase einfach nur ein Schatz: Ein munteres, kluges, verspieltes und von seinem Frauchen vorbildlich erzogenes Nasentier mit - gerade bei "Minihunden" leider nicht all zu oft anzutreffenden vorbildlichen Manieren, von denen so mancher Mensch sich dicke Scheiben abschneiden könnte und sollte.

Um es auf den Punkt zu bringen: Es geht ausdrücklich nicht um irgendwie (neben)erwerbsmäßiges "Dogsitting". Das will und kann ich nicht leisten. Aber diese Art von "Nachbarschaftshilfe" kennt nur Gewinner.
Der chronischLEBEN-Tipp: Einfach mal nette Leute mit netten Hunden, die uns auf unseren Spazier"gängen" (-fahrten) begegnen ansprechen. Vielleicht ist das der Beginn einer wunderbaren Freundschaft auf Zeit.
Jos van Aken