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chronischLEBEN - InformationUnterwegs mit Aktiv-Rollstuhl und Zusatz-Power - Der SmartDrive imPraxistest: Nicht nur ganz schön smart, der Kleine - auch mit jeder Menge Drive im Rad

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Es muss nicht immer gleich der schwere klobige Elektro-Rollstuhl sein, wenn die noch vorhandene Kraft nicht mehr reicht, zum Beispiel einen Aktiv-Rollstuhl über weite Strecken mit Arm-und Handkraft zu bewegen. Hilfe versprechen nützliche kleine Helfer, raffinierte Systeme, die als eine Art "Restkraftverstärker" mit Elektromotoren, die sich zuschalten, wenn sie gebraucht werden, die praktischen manuellen Rollstühle über starke Steigungen bringen oder auf langen Strecken die Rollifahrerin, den Rollifahrer entlasten. Mein Aktiv-Rollstuhl wird seit einigen Tagen von einem dieser Zusatzantriebe bei Bedarf kräfteschonend geschoben. Ich habe mich unter den verschiedenen Systemen für einen SmartDrive mx1 des Herstellers Max Mobility entschieden. Hier die ersten Ergebnisse meines SelbsterFAHRungs-Tests (im eigentlichen Wortsinn). Mittlerweile bin ich drei Tage lang unter realistischen Alltagsbedingungen.

Aktiv-Rollstühle sind nicht etwa nur "in" oder "hip", weil sie stylisch daherkommen und uns behinderten Menschen einen Hauch von sportivem Jugendwahn mit auf den bewegungseingeschränkten Weg geben. Die teuren Hilfsmittel sind der rollende Beweis der These von Behindertenaktivisten wie Raúl Krauthausen oder dem Rolli-Artisten David Lebuser, die dem Auflagen und Einschaltquoten pushenden, aber kontraproduktiven Mitleidsgesumse der Massenmedien ein bewegtes Motto entgegensetzen. Und das stellt fest: "Wir sind nicht an den Rollstuhl gefesselt - der Rollstuhl öffnet uns Türen und ganze, sonst unerreichbare Welten. Er befreit uns von Fesseln."

Mit rollenden Bewegungsbremsen, auch Standard- oder gar etikettenschwindelnd "Leichtgewichts"Rollstühle genannt, ist diese neue Mobilitätsbefreiung kaum möglich. Aber auch der chice, wirklich leichte und fein getunte Aktiv-Rolli hat seine Grenzen - vor allem für behinderte Menschen, die zwar gern die mit ihrer speziellen Behinderung noch verbliebene Kraft in Armen, Händen und Fingern so lange wie möglich erhalten und gesundheitsfördernd nutzen wollen - aber aus verschiedensten Gründen damit - und damit eben auch mit dem manuell bewegten Aktiv-Rollstuhl nicht weit kommen.

Ich bin so einer. Meine Hand- und Fingergelenke sind nicht allzu oft und vor allem allzu lange belastbar; außerdem ist die Gesamtkondition, die "Power", doch sowohl altersgemäß als auch dem Morbus Parkinson geschuldet längst nicht mehr das, was sie mal war. Ein Grund, als "Couch-Potatoe" in der Sofaecke zu verludern ist das aber nicht. Möglich machen das sogenannte "Restkraftverstärker", die dem Rollstuhl wieder Schwung geben, wenn die Steigung nicht zu bewältigen ist - oder die Kraft für den weiteren Weg nicht mehr reicht.

Der SmartDrive, der mir seit einigen Tagen zu neuer Bewegungsfreiheit verhilft, besteht im wesentlichen aus drei Bauteilen. Da ist vor allem ein Motor-und Radmodul. Der rund 1 PS "starke" Elektromotor treibt, elektronisch gesteuert, ein Rad an. Das schiebt den Rollstuhl vor sich her - und hat als raffiniertes Extra zusätzlich Querrollen in seine Lauffläche integriert, die seitliche Bewegungen zum Beispiel beim Kurvenfahren ermöglichen (siehe Bild). Dieses Antriebsmodul wird mit einem Griff in die Achse der Hinterräder des Rollstuhls gehängt - und kann ebenso schnell und einfach in Sekundenschnelle wieder aus seiner Achsenhalterung genommen werden - etwa, zum Verstauen von Rollstuhl und SmartDrive in den PKW-Kofferraum oder auf die Rückbank des Autos.

   Leicht, handlich und weit reichend: Der 3 kg-Akku   

Das zweite wesentliche Teil ist der Lithium-Ionen-Akku. Die ist ausgesprochen flach und handlich, wiegt gerade mal 3 kg und wird einfach unter den Rollstuhl-Sitz geschoben. Der Akku sorgt mit einer Ladung für eine Reichweite von rund 16 km. In der Alltagspraxis bedeutet das nach meinen Erfahrungen, dass auch nach zwei Tagen ausgiebiger Spazierfahrten durch die Stadt, durch Parks mit zum Teil heftigen Steigungen und häufigem "Ausreizen" der Höchstgeschwindigkeit von rund 7,5 km/h über weite Strecken der Akku keine Warnung wegen niedrigen Restvolumens ausgab. Sicherheitshalber habe ich das handliche, auch für michleicht transportable Kraftpaket aus dem Rolli in der Garage gezogen und mit ins 3. Obergeschoss genommen. Nach knapp drei Stunden meldete das Ladegerät: Der Akku ist wieder zu 100 Prozent "gefüllt".

Mein erstes Testurteil für Ausdauer und Nutzerfreundliches Wiederaufladen des SmartDrive-Akkus:

10 von 10 (möglichen) Punkten

Teil drei des SmartDrives sind zwei Bedienungstasten, die mit den üblichen Klettbändern rechts und links vorne am Sitz befestigt werden. Diese Schalter sind vielseitig - und sie sind ausgesprochen wichtig für die Sicherheit der SmartDrive-Piloten; dazu später mehr. Beide Tasten haben die selben Funktionen (in einer ersten Version des SmartDrives) gab es lediglich einen einzigen Schalter, der mittig an der Sitzvorderkante platziert war).

   Aus gutem Grund: Zwei Schalter mit gleichen Funktionen   

Zunächst einmal die Funktionen: vor allem sind die Städten Ein- und Ausschalter des Systems - also nicht weiter aufregend. Interessanter sind die Funktionen als Wechselschalter zwischen den beiden wichtigen Fahr-Modi des SmartDrive: Es gibt einen "Indoor-Modus", der vor allem (aber nicht nur) zum Fahren innerhalb der Wohnung oder in Geschäften etc. Gedacht ist. Umschalten kann man mit einem der beiden Knöpfe an den Sitzseiten vom Indoor- in den Outdoor-Modus. Dieser "Außen-Modus" soll vor allem bei Fahrten draußen eingesetzt werden - und hat es in sich; auch dazu später weitere Einzelheiten.

Die beiden Schalter schneiden bei meinem Test nicht ganz so gut ab wie zum Beispiel der Akku: Es gehört schon viel Fingerspitzengefühl - und auch nicht gerade wenig Kraft in den Fingern dazu, diese Schalter schnell und spontan zu bedienen. Diese körperlichen Voraussetzungen bringen viele behinderte Menschen nicht unbedingt mit. Das gibt Punktabzug: Den Schaltern des SmartDrive kann ich wegen der nicht optimalen Benutzbarkeit nicht mehr als

8 von 10 (möglichen) Punkten geben.

Neben diesen drei Hauptbestandteilen kommen noch einige zumindest bisher solide wirkende, unter dem Sitzkissen verlegte Kabel und zwei Stecker, die Akku, Schalter und Antriebsmodul miteinander verbinden, zum System. Das nur der Vollständigkeit halber.

Fahren mit dem SmartDrive ist einerseits kinderleicht - verlangt andererseits aber von den Rollstuhlfahrerinnen und -fahrern ein gerüttelt Maß an ausgeprägtem Reaktionsvermögen und vorausschauender, ausgesprochen defensivem Fahrstil. Das klingt zunächst einmal übertrieben - und bei den ersten Fahrversuchen - etwa im Showroom des Sanitätshauses ist auch alles einfach nur - einfach (oder sollte ich sagen: "alles easy"? - der SmartDrive ist schließlich ein waschechter US-Amerikaner).

Das Fahrprinzip ist tatsächlich ausgesprochen simpel. Bleiben wir zunächst im "harmlosen" Indoor-Modus. Den Rollstuhl mit einem beherzten Schubs der Greifreifen in Bewegung setzen - und schon schaltet sich das Antriebsmodul hinter der Achse mit einem leisen Surren ein - der Motor schiebt dennRolli vor sich her. Die Hände brauchen wir dann nur noch zum Lenken. Rechts-und Linkskurven werden - etwas anders als beim rein manuellen Fahrbetrieb - durch leichtes Abbremsen des jeweiligen Greifrings am rechten oder linken Hinterrad gefahren.

   Ein paar mal drehen am Rad - und schon wird's flott   

Wer es schneller mag, muss nach dem ersten Anschieben (und damit den Motor zuschaltenden) per Greifreifen einfach nur die Geschwindigkeit mit wenigen Griffen erhöhen - mit leichter Zeitverzögerung reagiert die Elektronik und damit der Motod des SmartDrives. Auch im Indoormodus kann so stufenweise die Geschwindigkeit auf bis zu knapp 7,5 km/h gesteigert werden. In nicht sonderlich großen Räumen IST das nach meinen Erfahrungen aber doch wohl ein bisschen zu schnell. Gebremst bis zum Stillstand wird - wie gewohnt beim manuellen Betrieb durch Abbremsen der Greifräder. Bei dieser Gelegenheit ein wichtiger Hinweis: Wer schneller als im Schlender-Tempo mit Rollstuhl und SmartDrive ist, muss Handschuhe tragen. Ich selbst bevorzuge die üblichen Reiter-und Rollstuhlfahrer Handschule mit Innenflächen aus griffigem, und nicht zu dünnem Leder und abgeschnittenen Fingerlingen.

Wie bereits erwähnt: Der Outdoor-Modus, der durch einen kurzen Druck auf einen der beiden Schalter-Knöpfen an den Sitzseiten zugeschaltet werden kann, hat es in sich (und das sollte wörtlich genommen werden). Dieser Fahrmodus für "Fortgeschrittene" verlangt auf jeden Fall ein mehrstündiges Training auf sicheren weiten Flächen.

Im Prinzip funktioniert der Outdoormodus genau so wie der Indoormodus: Also anschubsen, um langsam zu starten, und durch weitere Schübe in den Greifreifen das Tempo erhöhen. Nur: Wenn der SmartDrive - egal mit welcher Geschwindigkeit - im Outdoor-Modus fährt, lässt er sich nur ungern durch Fahrerin oder Fahrer etwas sagen:

   Im Outdoormodus: Immer einen Finger auf dem Schalter   

Der Antrieb arbeitet dann nämlich permanent und ignoriert - im Gegensatz zum Fahren im Indoor-Modus- jegliche Bremsaktion. Das hat seinen guten Grund: Nur so ist es zum Beispiel möglich, auch starke Steigungen bis zu 10% und mehr hoch zu fahren, ohne manuell eingreifen zu müssen. So weit, so gut. Man sollte aber bei flotten Fahrten im Outdoormodus unbedingt den Hinweis des Herstellers beachten und immer eine Hand am Ein- und Ausschalter haben (mit der jeweils anderen Hand muss ja gesteuert werden).

Bremsen im Outdoormodus ist  grundsätzlich möglich, wenn auch sehr mühselig und mit großem Kraftaufwand - aber anhalten kann man nur nach einem kurzen Druck auf einen der beiden Schalter-Knöpfe. Wer sich darauf einstellt und immer eine Hand an einem Schalter beläßt, ist auf der sicheren Seite - aber das ist gewöhnungsbedürftig. Deshalb immer wieder der Hinweis: Ohne ausgiebiges Training ist die schnelle Fahrt im Putdoor-Modus unter Umständen lebensgefährlich. Wer in Panik gerät, riskiert schwere Unfälle.

Fazit der Fahreigenschaften des SmartDrive: Das Helferlein ist nicht nur ausgesprochen Smart, sonder hat auch jede Menge Drive. Als Norddeutscher würde ich sagen: Der hat "richtig Bums". Auch als mit 67 Jahren alter Mensch mit nachlassenden Reflexen fühle ich mich nach insgesamt drei Tagen SmartDrive-Praxis sicher und fahre souverän, sicher und entspannt mit Schwung durch den Großstadtdschungel. Aber auf die Gefahr hin, mich noch einmal zu wiederholen und damit diesen oder jene zu nerven: Nicht gleich mit Full Power im Outdoor-Modus lossprechen, sondern die einzelnen Fahrmodi mit Vorsicht ausprobieren.

Unter diesen Bedingungen kann ich der Fahrpraxis des SmartDrives ohne weitere Bedenken die volle Punktzahl in meinem Test geben:

Also: 10 von 10 (möglichen) Punkten

Natürlich wollte ich bei meinen Testfahrten vor allem erfahren, was der SmartDrive im Zusammenspiel mit meinem Aktiv-Rollstuhl (einem Starrrahmen Küschall K4) kann - und vor allem auch: Wo fährt er an seine Grenzen?

   Steigungen und Seitenneigungen - kein Problem mehr   

Beginnen wir mit dem ganz alltäglichen Fahren auf Gehwegen und in typischen anderen Straßensituationen. Jeder Rollifahrer kennt zwei Situationen und Umstände, die das rein manuelle Fahren auch mit einem gut abgestimmten Aktiv-Rolli zur nervigen Quälerei machen: da sind zum einen die aus gutem Grund stets Richtung Straße quergeneigten Gehwege (damit der Regen ablaufen kann und sich nicht auf dem Gehweg staut). Je nach Schrägneigung des Gehwegs bedeutet das im "Handbetrieb" ständiges Gegensteuern, weil man sonst über kurz oder lang zwangsläufig unfreiwillig auf der Fahrbahn landet. Dieser ständige "Einhandbetrieb ist nur etwas für Menschen mit wahrhaft athletischen Kräften.

Und natürlich Steigungen: Wer, wie ich, erst relativ spät im Leben in den Rolli umsteigt, macht als erstes die erstaunliche und alles andere als erfreute Erfahrung, dass es so etwas wie die immer wieder behauptete norddeutsche Tiefebene gar nicht gibt. Was wir als Fußgänger und Radfahrer gar nicht wirklich merkten, ist für Rollifahrerinnen und -fahrer unangenehmer Alltag: Wir bewegen uns ständig auf einer Art Berg- und Talbahn. Die meisten "Steigungen" sind nicht sonderlich steil und können, wenn auch kraftraubender, auch von Hand bewältigt werden. Aber immer wieder steht man dann doch wieder wie der sprichwörtliche Ochs vorm Berg und muss resignieren.

Diese Problematik gibt es nach Einschalten des SmartDrives nicht mehr. Zwar muss auch gegen die Seitenneigung der Gehwege angesteuert werden; das bedeutet beim Schub durch den Zusatzantrieb aber lediglich ein leichtes Bremsen eines Greifreifens. Nach einiger Zeit geht das in Fleisch und Blut über - ein wesentlicher Stressfaktor fällt weg.

Und über Steigungen muss man sich schon mal gar keine Gedanken mehr machen. Auch bei extremen Steigungen bis 10% und steiler schafft der SmartDrive das: In den Outdoor-Modus schalten, unter Umständen ein bisschen schneller werden vor der Steigung - und den Rest getrost dem Antriebsmodul überlassen. Reines Fahrvergnügen.

Probleme kann es mit dem Untergrund geben, über den der SmartDrive den Rollstuhl schieben soll. Über Asphalt und gut verlegte Gehwegplatten gleitet der Rolli sowohl mit als auch ohne Zusatzantrieb natürlich leicht hin. Klar. Aber wie ist es zum Beispiel mit Grasflächen? Da verspricht die Werbung des Herstellers Max Mobility eine Art "Rasensport" vom Feinsten: In den Videos der Firma sieht man das Werbemodels, das irgendwie an Costa Cordalis in jungen Jahren erinnert, mit Rolli plus SmartDrive über gepflegte Rasenflächen preschen, dass es eine reine Freude ist.

Ich habe das mal nachgestellt in meinem kleinen Test. Nun gut, statt dem Costa Cordalis-Verschnitt (woher nehmen, wenn nicht stehlen?) musste ich selbst mal wieder als todesmutiges Model herhalten und den gepflegten Rasen hatte ich auch schnell gefunden: Im Botanischen Garten der Technischen Universität Braunschweig. Also aufgepasst, dass gerade kein Gärtner meinen Rasenfrevel bemerkt, und dann runter vom Gartenweg aufs frische Grün.

Und ich erlebte tatsächlich mein kleines grünes Wunder: Der SmartDrive schob den Rolli brav über den Rasen - bis, ja bis ich in eine Ecke des Rasens gelangte, wo das Grün offensichtlich besonders üppig gedieh (oder nicht so sorgsam gemäht worden war). Da war dann Schluss mit dem Rolli-Rasen-Fahrvergnügen. Also: Nicht unbedingt in höher wucherndes Gras fahren mit dem SmartDrive (und ohne auch nicht)

Im Botanischen Garten machte ich noch zwei weitere Erfahrungen, was die Wegetauglichkeit des SmartDrive angeht: wie vielerorts üblich sind die Wege im "Botanischen" natürlich nicht asphaltiert, sondern mit feingemahlenem Steingrieß befestigt. Wirklich wohl fühlt der SmartDrive sich auf solchen wegen nicht - aber mit gelegentlichem Durchrutschen des Antriebsrades schafft er auf diesem alles andere als festen Untergrund sogar ganz ordentliche Steigungen.

Echte Probleme hat der SmartDrive mit schlampig verlegten dicken Natursteinplatten-Wegen - vor allem, wenn zwischen den Steinen hin und wieder Höhenunterschiede und relativ breite Abstände zu überwinden sind. Das ist aber kein spezielles SmartDrive-Problem: In denselben Natursteinplatten blieb ich auch ohne den Zusatzantrieb regelmäßig "hängen". Die Lösung: Nach "Wheelie-Art" die kleinen Lenkräder am Rollie ein wenig anheben; Dan. Kommt man über diese Mini-Hindernisse hinweg. Mühsam, aber es geht (oder doch lieber: rollt?)









Eine weiterer unter manchen Rollifahrern gefürchteter Straßenbelag ist das Kopfsteinpflaster. Für den manuellen Betrieb kein unüberwindbares Hindernis, aber ein kräfteraubender mühseliges Unterfangen. Mit dem SmartDrive wird die Fahrt über Kopfsteinpflaster zwar auch nicht zum reinen Vergnügen; es rumpelt und rüttelt - kein Wunder. Aber der Rollstuhl hält die Spur und läßt sich mühelos steuern.

Bei abgesenkten, aber dennoch abrupt die vorderen kleinen Lenkräder des Rollstuhls stoppenden Bordsteinen ist - wie bereits ohne Zusatzantrieb - auch mit dem eingeschalteten SmartDrive Vorsicht geboten. Meine bisherige Erfahrung: Auf gar keinen Fall Straßen mit solchen Bordsteinen im Outdoor-Modus überqueren; der würde den Rollstuhl ungebremst gegen das Hindernis schieben und einen Tiefflugdes Fahrers oder der Fahrerin provozieren. Im Indoor-Modus behutsam an den Bordstein heranfahren, mit einer schnellen Bewegung der Greifreifen die Vorderräder kurz anheben und dann normal weiter fahren. Echte Wheelies sind mit dem SmartRive möglich. Da ich aber diese Technik noch nicht beherrsche, kan ich aus eigener Erfahrung dazu nichts Näheres berichten.

   Minuspunkt: Rückwärts klettern nicht möglich   

Einen Minuspunkt für Fahrten im Stadtverkehr gibt es, weil das bewährte Rückwärtsfahren zum Überwinden höherer Bordsteinkanten wegen des angehängten SmartDrive-Antriebsmodul nicht möglich ist. Als "Ersatz" dafür bietet sich das Erlernen der Wheelie-Technik an (das Fahren nach Ankippen des Rollstuhls ausschließlich auf den Hinterrädern.

Schließlich noch ein weiterer Sonderfall im Rollstuhl-Alltag: Die Benutzung von Bussen und Straßenbahnen mit angehängtem SmartDrive. Voraussetzung dafür sind natürlich Niederflurfahrzeuge mit Rampe. Die Fahrt in den und aus dem Bus ist simpel: Hier kommt wieder der Indoor-Modus zum Zuge: Mit Schwung die Rampe hochfahren - und rechtzeitig abbremsen. Die Steigung der Rampe ist nach meinen Erfahrungen kein Problem.

Die Mitnahme des Rollstuhls mit SmartDrive im Pkw ist absolut unproblematisch: Stecker abziehen, Akku raus ziehen und Antriebsmodul (Gewicht: 5 kg) aus der Achse ziehen. Zeitaufwand:Deutlich weniger als eine Minute.

Wenn ich davon ausgehe, dass so ein Zusatzantrieb nicht mit einem "echten" schweren E-Rollstuhl und dessen Fahreigenschaften vergleichbar ist, gebe ich dem SmartDrive wegen des Wegfalls der Rückwärts-Hindernis-Kletterei und dem nicht einfach Bremsbacken Outdoor-Modus, derbem Überqueren von Straßen zu nicht einschätzbaren Risiken führt im Bereich der Alltagstauglichkeit.

8 von 10 (möglichen) Punkten

Alles in allem: Ich habe nach mehrtägigen Testfahrten unter allen nur erdenklichen Umständen und Bedingungen, die bewusst das Gerät an seine Grenzen führten, die Beschaffung des SmartDrive nicht nur nicht bereut, sondern freue mich wie Bolle über die neue Mobilität, die es mir ermöglicht. 100prozentig ausgereift scheint mir das immer noch recht junge System nicht. Einziger wirklicher Kritikpunkt ist die nicht ausbremsbare Power des Outdoor-Modus. Da sollten die Entwickler sich außer dem zweiten Ein- und Ausschalter noch was einfallen lassen.

Jos van Aken

Ach so, noch eine Kleinigkeit: Die "Punktevergabe" in meinem kleinen Test, der keinerlei Anspruch auf Professionalität oder gar wissenschaftliche Qualität erhebt, ist nicht "bierernst" gemeint. Das "Ergebnis", ein rechnerischer Durchschnitt von "9 Punkten - von 10 möglichen" gibt aber doch ziemlich exakt das wieder, was ich nach wirklich gründlichem Ausprobieren meines SmartDrive von dem Gerät halte - verglichen mit den wie üblich vollmundigen, idealisierenden Aussagen in der Werbung, die mögliche Schwachpunkte nicht gerade betont.


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