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Zweites Urteil des Kieler LandgerichtsNach neuem Gutachten der DEKRA: E-Scooter-Verbot in Bussen bestätigt

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Dieser E-Scooter scheiterte bei dem Versuch,
in einer neuen Braunschweiger Straßenbahn
mitzufahren: Er war zu groß
E-Scooter sind ein Sicherheitsrisiko in Bussen. Das entschied heute erneut das Landgericht Kiel und wies damit einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung zurück. Der Bundesverband Selbsthilfe Körperbehinderter (BSK) wollte mit diesem Antrag erreichen, dass das Verbot der Mitnahme von E-Scootern in Bussen der Kieler Verkehrsgesellschaft (KVG) sofort aufgehoben wird. Begründet wurde die undesweit mit Spannung erwartete Entscheidung unter anderem mit einer aktuelle Studie der DEKRA, die nach Fahrversuchen das bereits in einer früheren Studie festgestellte Risiko durch E-Scooter sowohl für die Scooter-Fahrer als auch andere Bus-Fahrgäste ausdrücklich bestätigte. Rund 40 Gegner des Scooter-Beförderungsverbots nahmen an der heutigen Gerichtsverhandlung vor einerZivilkammer des Landgerichts teil.

Eine frühere Ablehnung des Antrags war durch das Oberlandesgericht (OLG) aufgehoben und zur Neuverhandlung an das Landgericht zurück verwiesen worden. Das  OLG  hatte bemängelt, dass ein früheres Gutachten, das Grundlage der ersten Entscheidung war, "zu oberflächlich" gewesen sei. Die Befürworter einer Mitnahme von Scootern im Bus hatten deshalb mit einer Entscheidung zu ihren Gunsten bei der heutigen Verhandlung gerechnet.

Aber auch die heutige Verhandlung endete mit einer Ablehnung des Antrags des Selbsthilfeverbandes und mit der Bestätigung des E-Scooter-Mitnahmeverbots. In der Begründung nahm der Vorsitzende Richter Kai Sawatzki ausdrücklich Bezug auf die in diesem Monat veröffentlichte neue Studie in Sachen "E-Scooter-Transport in Bussen". Auf diese Studie hatten sowohl die "Scooter-Fraktion" unter den Behinderten als auch die Verkehrsgesellschaften im gesamten Bundesgebiet und Rollstuhlfahrer von sowohl manuellen als auch elektrisch betriebenen Rollstühlen klassischer Bauweise, deren Mitnahme in Bussen übrigens nicht in Frage gestellt wird, mit Spannung gewartet.

Die DEKRA hatte jetzt Fahrversuche mit E-Scootern in Bussen für die neue Studie gemacht und dabei die Sicherheitsbedenken ausdrücklich bestätigt. Die Zivilkammer hatte jetzt  abzuwägen zwischen dem Rechtsanspruch von Behinderten auf Gleichbehandlung und dem Sicherheitsbedürfnis aller Fahrgäste, begründete der Vorsitzende Richter Kai Sawatzki die Entscheidung. Zwar sei der grundsätzliche Beförderungsanspruch sowohl im Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz als auch in einer EU-Verordnung verankert. Der Anspruch müsse in diesem Fall jedoch hinter der Gefahrenabwehr zurückstehen.

Das Kieler Gericht zog für sein heutiges Urteil ausserdem  eine Entscheidung des Hamburger Oberlandesgerichts um einen E-Scooter-Unfall in einem Linienbus vom Mai 2009 heran. In diesem Fall war ein im Bus beförderter Scooter in einer Linkskurve ins Rutschen geraten. Sein Besitzer verletzte sich beim Versuch, das ausbrechende Gefährt festzuhalten. 

Befürworter des E-Scooter-Transports hatten immer wieder behauptet, dass es bisher noch nie einen durch die im Gegensatz zu "klassischen" Rollstühlen nicht sicher im Bus zu positionierenden Scooter gegeben habe.

Der Selbsthilfeverband kündigte an, er werde auch das heutige Urteil beim Oberlandesgericht anfechten. 

JvA

Kommentar
Sicherheit hat Vorfahrt - auch für uns Behinderte

Der Versuch, Sicherheitsbedenken gegen die Mitnahme von sperrigen E-Scootern in Bussen mit dem Hinweis auf das Recht auf Gleichbehandlung behinderter Menschen auszuhebeln und vom Richtertisch zu wischen, ist gescheitert. Die heutige Entscheidung des Kieler Landgerichts betrifft zwar "nur" den Antrag auf Erlass einer Einstweiligen Verfügung gegen die Kieler Verkehrsgesellschaft; das Urteil gibt aber deutliche Hinweise auf die noch ausstehende Entscheidung des Gerichts im Hauptverfahren: Es ist nicht damit zu rechnen, dass Richter Sawatzki im entscheidenden Verfahren gegen sein heutiges Urteil entscheidet.

Und: Das Kieler Verfahren hat Modellcharakter. Zwar handelt es sich (noch) nicht um ein sogenanntes Grundsatzurteil (das bleibt der Letztinstanz, also dem Bundesgerichtshof oder einem vergleichbaren Gericht vorbehalten). Die "Richtung" weiterer Gerichtsentscheidungen wurde heute aber schon mal vorgegeben.

Und das ist gut so. Es geht nicht um grundsätzliche Behindertenrechte, sondern um Sicherheit aller; und auf die dürfen wir Behinderten nicht einfach "verzichten". Der Versuch von Behinderten und Senioren (mit und ohne Schwerbehindertenausweis), sich ein Mitnahmerecht für die von ihnen statt der klassischen und sicher im Bus abzustellenden Rollstühle bevorzugten zu erstreiten, ist legitim - aber alles andere als vernünftig.

Zwar wird in vielen Gebrauchsanweisungen von E-Scootern bereits jetzt an sich unübersehbar vorsorglich darauf hingewiesen, dass das jeweilige Modell nicht geeignet zur Mitnahme in Bussen ist. Aber das wird von Käufern, denen die E-Scooter gern von Händlern verkauft und von Krankenkassen bezahlt werden, gern "übersehen".

Gefordert sind jetzt vor allem die Kostenträger; meist sind das die Krankenkassen. Die müssen den Antragstellern, die unbedingt einen E-Scooter statt einem optimal an die Bedürfnisse des jeweiligen behinderten Menschen angepassten Rollstuhl bezahlt haben wollen, endlich unmissverständlich klar machen, dass sie sich damit von der Mitfahrt auf dem E-Scooter im Bus ausschließen - auf die "Gefahr" hin, statt der gerne, weil billigen Scooter einen teuren optimal angepassten Rollstuhl bezahlen zu müssen.

Sicherheit hat Vorfahrt

Jos van Aken
KOMMENTAR

Sicherheit hat Vorfahrt

Der Versuch, Sicherheitsbedenken gegen die Mitnahme von sperrigen E-Scootern in Bussen mit dem Hinweis auf das Recht auf Gleichbehandlung behinderter Menschen auszuhebeln und vom Richtertisch zu wischen, ist gescheitert. Die heutige Entscheidung des Kieler Landgerichts betrifft zwar "nur" den Antrag auf Erlass einer Einstweiligen Verfügung gegen die Kieler Verkehrsgesellschaft; das Urteil gibt aber deutliche Hinweise auf die noch ausstehende Entscheidung des Gerichts im Hauptverfahren: Es ist nicht damit zu rechnen, dass Richter Sawatzki im entscheidenden Verfahren gegen sein heutiges Urteil entscheidet.

Und: Das Kieler Verfahren hat Modellcharakter. Zwar handelt es sich nicht um ein sogenanntes Grundsatzurteil (das bleibt der Letztinstanz, also dem Bundesgerichtshof oder einemvergleichbaren Gericht vorbehalten). Die "Richtung" weiterer Gerichtsentscheidungen wurde heute aber schon mal vorgegeben.

Und das ist gut so. Es geht nicht um grundsätzliche Behindertenrechte, sondern um Sicherheit. Der Versuch von Behinderten und Senioren (mit und ohne Schwerbehindertenausweis), sich ein Mitnahmerecht für die von ihnen statt der klassischen und sicher im Bus abzustellenden Rollstühle bevorzugten zu erstreiten, ist legitim - aber alles andere als vernünftig.

Zwar wird in vielen Gebrauchsanweisungen von E-Scootern bereits jetzt an sich unübersehbar vorsorglich darauf hingewiesen, dass das jeweilige Modell nicht geeignet zur Mitnahme in Bussen ist. Aber das wird von Käufern, denen die E-Scooter gern von Händlern verkauft und von Krankenkassen bezahlt werden, gern "übersehen".

Gefordert sind jetzt vor allem die Kostenträger, meist die Krankenkassen. Die müssen den Antragstellern, die unbedingt einen E-Scooter statt eines optimal an die Bedürfnisse des jeweiligen behinderten Menschen angepassten Rollstuhls bezahlt haben wollen endlich unmissverständlich klar machen, dass sie sich damit von der Mitfahrt auf dem E-Scooter im Bus ausschließen. 

Sicherheit hat Vorfahrt

Jos van Aken







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