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Alltägliche Bedrohung oder Kalkulierbares Risiko?Behinderung & Gewalt

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Vier wahllos herausgegriffene Meldungen aus Polizeiberichten dieses Jahres in Nord-und Westdeutschland:

  • In Itzehoe hat ein junger Mann versucht, einem Rollstuhlfahrer Geld abzunehmen. Das Vorhaben scheiterte jedoch an der Gegenwehr des Opfers, der ein Tierabwehrspray gegen den Täter einsetzte (21.07.2024).
  • Eine 16-jährige Rollstuhlfahrerin traf sich in Mülheim mit einem Mann, den sie zuvor im Telefonchat kennengelernt hatte. Als sie ihr Smartphone aus der Tasche holte, entriss der Mann ihr das Mobiltelefon und flüchtete (20.06.2014)
  • In einem Wolfsburger Park überfallen zwei Täter einen 52jährigen Rollstuhlfahrer und entreißen ihm sein Portemonnaie (19.04.2014)
  • Im rheinischen Burscheid beschimpfen zwei Jugendliche eine 49jährige querschnittsgelähmte Rollstuhlfahrerin als "Missgeburt", stoßen sie aus dem Rollstuhl und entwenden ihren Rucksack. Die 15 und 16 Jahre jungen Täter werden ermittelt und müssen sich wegen Raubes, Körperverletzung und Beleidigung vor Gericht verantworten (06.04.2014)


Eine Frage stellt sich angesichts solcher Meldungen fast reflexartig:

Ist Gewalt gegen Behinderte alltäglich?


Es wäre nicht nur sachlich falsch, sondern aus Sicht von uns Behinderten auch kontraproduktiv, die Frage mit einem pauschalen "Ja" zu beantworten. Wer sich mit Rollstuhl und Rollator auf die Straßen und Wege unserer Städte begibt, muss natürlich nicht grundsätzlich befürchten, sozusagen zwangsläufig Opfer von Gewalt zu werden. Die Alltagsrealitäten ist vielmehr, dass viel mehr sogenannte nichtbehinderte Menschen uns neutral (also gleichberechtigt) und/oder mit Respekt und hilfsbereit begegnen - zuweilen störend ist meist eher eine gut gemeinte, aber oft unnötige übertriebene "Fürsorge"-Haltung, die zumindest mich zunehmend nervt, weil sie mich - unbeabsichtigt(?), zumindest aber unbewusst entmündigt).

Ich entspreche zwar wohl kaum einem repräsentativen statistischen Model eines gedachten Behinderten; aber für mich selbst kann ich feststelle, dass ich in der Öffentlichkeit während der bisher fünf Jahre meiner optisch erkennbaren Behinderung nicht ein einziges Mal mit Gewalt konfrontiert wurde. Ich vermute, den meisten anderen Behinderten Menschen wird es ähnlich gehen.


   Nicht alltäglich - aber konkret   

Ist die Furcht vor Gewalt gegen uns Behinderte also eher hysterisch oder zumindest stark übertrieben, weil grundlos?

Nein. Die Gewalt gegen behinderte Menschen findet zwar nicht alltäglich statt, und wir müssen auch nicht damit rechnen, dass sich finstere Gestalten auf uns samt Rolli oder Rollstor stürzen, kaum haben wir es gewagt, die Nase vor die Tür zu stecken. Dennoch: Diese Gewalt ist real und konkret; das zeigen nicht nur die ohne großen Rechercheaufwand innerhalb weniger Minuten zusammengetragenen Fälle weiter oben. Ist unsere Angst vor Gewalt eine psychische Überreaktionen- um nicht schon wieder vereinfachend von "Hysterie" zu reden? Auch hier ein ebenso klares Nein. Denn wenn wir "ausnahmsweise" Opfer von Gewalt werden, sind wir dem noch wesentlich hilfloser ausgeliefert als ein sogenanntes nichtbehindertes potentielles Opfer.

   Die Sache mit den Knautschzonen   

Flapsig gesagt: Der Unterschied zwischen einem behinderten und einem nicht behinderten Gewaltopfer lässt sich mit der den unterschiedlichen Sicherheitsausstattungen eines gepanzerten Politiker-Mercedes und einem Motorrollers vergleichen: Knautschzone und Panzerung des Motorroller-Fahrers sind wohl eher vernachlässigbar und tendieren eindeutig gegen Null.

Ich darf in diesem Zusammenhang noch einmal auf mich selbst als authentischen "Zeugen" zurückgreifen: Ich bin nicht gerade zart gebaut mit 1,83 m Länge und stämmiger Figur, und bis zur Diagnose meiner Erkrankung an Morbus Parkinson war ich zwar auch kein "Draufgänger", kannte den Begriff "Angst in und vor der Öffentlichkeit" aber allenfalls vom Hörensagen. Mittlerweile bin ich eher übervorsichtig. Gelegentlich Angstattacken in größeren Menschenansammlungen habe nicht mit Angst vor Gewalt zu tun, sondern sind "normaler" Bestandteil einer meist gut medikamentös eingestellten depressiven Begleiterscheinung.

Aber: Ich habe ganz konkrete und körperlich wie psychisch deutlich spürbare Angst vor bestimmten Menschenansammlungen und Situationen: Ich würde mich heute nicht mehr trauen, einsame Spaziergänge durch unbelebte Straßen, menschenleere Landschaften oder bei Dunkelheit zu Unternehmen. Oder: Ich mache große Umwege, um zum Bespiel Gruppen von angeheiterten, "vorglühenden" Fußballfans an Bus- und Straßenbahnhaltestellen auszuweichen. Übertrieben? Vielleicht. Sogar wahrscheinlich. Eintracht-Fans benutzen Bierflaschen bekanntlich lieber als Trinkgefäße als damit gleich zu zu schlagen ...

Können wir Gewalt gegen uns Behinderte ausschließen? Eigentlich nicht - es sei denn, wir behindern uns selbst radikal an der zu Recht von uns geforderten Teilhabe am gesellschaftlichen und sozialen Leben. Ein weiteres Beispiel macht das deutlich: Der Berliner -Aktivist für Inklusion und Barrierefreiheit Raúl Krauthausen ("Dachdecker wollte ich eh' nicht werden") wurde als Rollstuhlfahrer mehrfach Opfer von Raubüberfällen. Und zwar nicht auf einsamen Ealdwegen. Begehrte Beute bei den Raubzügen auf Krauthausen: Seine Smartphones. Täter: Geschätzt zwischen 10 und 12 Jahre jung . Raúl Krauthausen reagierte in einem Bericht über den ersten Überfall eher sarkastisch:

Er fragte selbstironisch, "ob es nicht auch irgendwie eine Form der Gleichberechtigung ist, wenn sogar vor Behinderten nicht Halt gemacht wird." Aber er schreibt auch: "Auf der anderen Seite weiß ich gerade nicht, ob ich die Sache jetzt einfach so wegstecken kann. Fakt ist, sowas passiert. Die Gefahr lauert überall. Nicht nur im Wedding."

   Tipps für den Alltag - Keine Patentrezepte   

Dem ist nicht viel hinzu zu fügen. "Patentrezepte" gegen Gewalt gibt es nicht, egal ob die Opfer behindert oder nicht behindert sind. Mein Tipp ohne Garantie auf Wirksamkeit:


  • Nicht allein mit Rollator oder Rollstuhl bei Dunkelheit unterwegs sein - und wenn, dann nur auf belebten Straßen.
  • Konfrontationen mit angetrunkenen Menschen aus dem Weg gehen.
  • Bei Belästigungen oder Bedrohungen und Beschimpfungen in öffentlichen Verkehrsmitteln lautstark die Mitfahrenden und Fahrer von Bussen und Bahnen um Hilfe bitten (die können meist von ihrem Platz aus per Kamera das Geschehen einsehen und schnell Hilfe herbeirufen)
  • Durch sicheren Auftreten in der Öffentlichkeit - also nach Möglichkeit aufrecht sitzen (oder am Rollator gehen) und vor allem offenen geraden Blick gar nicht erst den (psychischen) Eindruck einer "leichten Beute auf potentielle Täter erzeugen.
  • Wertgegenstände nicht offen tragen (wenn das möglich ist). In diesem Zusammengang: Die beliebten voluminösen Rucksäcke an der Rückseite von Rollstühlen sind geradezu "Einladungen" an Täter, vor allem an geschickte Taschendiebe.


Jos van Aken


Statt E-Motor das Pony eingespanntWenn der Rollstuhl zur Kutsche wird ...

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Mit meinem Lieblings-Highland Cattlewär das nicht passiert - oder doch?
Rollstühle sind bekanntlich längst nicht mehr nur behäbige, eher schwerfällige Hilfsmittel für Menschen mit eingeschränktem Gehvermögen. Zurzeit kämpfen E-Rollstuhlfahrer in München um die Weltmeisterschaft im E-Hockey und Sport-Rollstühle in Skater-Halfpipes und anderen schwindelerregenden Parcours inklusive Handstandüberschlag oder Looping mit dem "Rolli" verblüffen zwar, gehören aber für die jungen Generationen der Rollstuhlfahrern längst zum Neuen Lebensgefühl. Aber es gibt doch immer wieder Grenzen bei. Fahrspaß mit dem Barrieren weg rollenden Stuhl. Eine musste jetzt eine 87jährige Rollifahrerin in Bayern schmerzlich erleben: Sie hatte aus ihrem Rollstuhl grimmig entschlossen eine Ponykutsche gemacht.

Helfershelferin bei dem nicht ganz ungefährlichen Unfug mit hohem Spaßfaktor war die 52jährige Besitzerin des Schimmel-Ponies, nennen wir es Whitey. Sie war gemeinsam mit der alten Dame auf die Rolli-Kutschen-Idee gekommen und hatte das gutmütige Reittier mehr oder weniger sachgemäß vor den Rollstuhl der 82jährigen gespannt.

Zunächst ging alles nach Plan im Zockeltrab. Unter Führung seiner Besitzerin zog das Pony den Rollstuhl samt stolzer Kutscherin brav durch Schwarzenbach am Wald im Landkreis Hof.

Aber dann passierte es: Die Ponybesitzerin wollte die Rolli-Jungfern-Kutschfahrt mit der Kamera für die Nachwelt dokumentieren. Da scheute das bis dahin durch nichts zu erschütternde Zugtier und ging durch - mitsamt Rollstuhl und Seniorin. Beim Überqueren eines Bordsteins kippte der Rollstuhl um und die 87-Jährige stürzte auf die Straße. Sie hatte Glück im Unglück und zog sich lediglich eine harmlose Platzwunde am Kopf zu. Das Pony blieb unverletzt.

JvA

Stadt Braunschweig gibt Fehler rund um Tiefgaragenbrand zu - will aber keine Verantwortung übernehmenDas "Hätte, hätte - Fahrradkette"-Spiel und abenteuerliche Wurmwindungen

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Wurden Schadstoffe noch eine Woche nach dem Brand aus diesem Lüftungsschacht
herausgeblasen? Eine schlüssige Antwort gab es auch heute nicht
Der Großbrand in der Braunschweiger Magni-Tiefgarage, dem mehr als 200 Autos zum Opfer fielen, die nach dem Brand wie Giftmüll verpackt werden mussten, war noch lange nach dem Löschen der Flammen Tagesgespräch in der Stadt. Die Verantwortlichen der Stadt Braunschweig wollten heute mit einer Pressekonferenz offene Fragen klären. Der Wortlaut der Presseerklärung liegt chronischLEBEN vor. Blogger Jos van Aken mit einer kommentierenden Zusammenfassung der Kernaussagen der Stadtvertreter heute im Rathaus.


Der Großbrand in der bleibt vorläufig weitgehend ungeklärt. Braunschweigs Oberbürgermeister Ulrich Markurth gab zwar heute eine Presseerklärung heraus. Die beschränkte sich im Wesentlichen allerdings auf die Beteuerung Markurths, die Verwaltung arbeite "mit voller Kraft" an der Bewältigung des Brandes; offensichtlich scheint die Tatsache, dass in der Verwaltung gearbeitet wird, und das auch noch "mit voller Kraft" den Nachfolger und das "Ziehkind" Hoffmanns so sehr zu verwundern,dass er daraus sogar die Überschrift seiner Erklärung machen ließ und  für die Veröffentlichung "absegnete". Ansonsten musste Markurth ein wenig verklausuliert, aber doch recht kleinlaut zugeben, dass der Großbrand, dem gottlob kein Mensch zum Opfer fiel, weitestgehend ein Sammelsurium von "Pleiten, Pech und Pannen" war.

Der Output an "heißer Luft" in der Presseerklärung des Oberbürgermeisters entspricht in etwa dem des Großfeuers in der Tiefgarage. Ein Beispiel gefällig?

"Die Fragen, die in der Öffentlichkeit gestellt werden, halten wir für sehr wichtig. Der Sachverhalt ist allerdings komplex,“  so Markurth wörtlich in der Erklärung. So ein Satz muss einem erst mal einfallen - ich gebe zu, daran arbeite ich noch (aber ich will ja auch nicht OB werden).

Richtig peinlich wurde es in der Presseerklärung, als der zuständige Dezernent im Rathaus, Stadtbaurat Heinz Leuer, Stellung bezog (ich nehme hier Bezug auf den Wortlaut der offiziellen Presseerklärung der Stadt) Zu behaupten, Leuer habe sich gewunden wie der sprichwörtliche Wurm, wäre eine hoffnungslose Überschätzung der Windungsfähigkeit von Würmern - Oberbauchef Leuer kann das besser.

  • Ja, für die Umsetzung baulicher Maßnahmen über 15.000 Euro Auftragsvolumen wie im Falle der Sprinkleranlage sei die Stadtverwaltung als Eigentümerin der Garage zuständig.
  • Nein, weder vom Betreiber noch vom Fachbereich Hochbau sei die Notwendigkeit gesehen worden, die Bauaufsicht oder die Feuerwehr in der Frage der Abschaltung der Sprinkleranlage zu konsultieren.
  • Ja, es wäre nach Einschätzung der Verwaltung "im Nachhinein" besser gewesen, die Bauaufsicht einzuschalten und das Vorhaben eingehend zu prüfen. Dies gelte sowohl für den Betreiber, aber auch für den Fachbereich Hochbau.
  • Und dann der Salto mortale des Bauverwaltungs-Chefs: Die Notwendigkeit, die Abschaltung der Sprinkleranlage entsprechend zu kompensieren, sei von Betreiber und Verwaltung sehr wohl gesehen worden sei. Daraus , so die kühne Schlussfolgerung Leuers lasse sich ableiten, das "gerade nicht leichtfertig gehandelt worden" sei. 
Es folgt, sozusagen als Schlussakkord, ein klassisches Schulterzucken: Erst der "ungewöhnliche Schadensverlauf" habe gezeigt, dass die gewählte Kompensation im konkreten Fall nicht ausreichend war". „In der Rückschau", so Leuer, "hätten wir gern umfassender geprüft.“ Die Frage, warum er nicht einfach tat (oder tun ließ), was er so gern getan hätte, blieb unbeantwortet.

Dass die von OB Markuth voller Stolz und mit einer gewissen Verwunderung betonte Arbeit der Verwaltung "mit voller Kraft" nicht gleichzusetzen ist mit verantwortungsbewusstem Handeln, gab Leuer -wahrscheinlich ohne es selbst zu bemerken - am Rande dan auch noch zu: Er bestätigte, dass die Feuerwehr bemängelt habe, dass die Rauchabschnittstore nicht ausgelöst hätten, und von ihr per Hand geschlossen werden mussten. Wie viele Autos bei Funktionieren der Anlage unbeschädigt geblieben wären und in welchem Ausmaß das Großfeuer hätte eingeschränkt werden könnte, sagten weder Leuer noch Feuerwehrdezernent Claus Ruppert.

Auf eine offene Frage ging Baudezernent Leuer in der Presseerklärung nur am Rande ein (in der offiziellen Presseerklärung wurde sie nicht einmal erwähnt: Ob und wenn ja welchen Gefährdungen Passanten auch eine Woche nach dem Großbrand ausgesetzt waren, weil die mit gefährlichen Schadstoffen angereicherte Luft aus der ausgebrannten Garage ungefiltert über einen Notausgang zwischen Galeria Kaufhof und Shopping-Schloss heraus geblasen wurde, wurde von Leuer mit der Bemerkung abgetan: Lüftung müsse nun malsein (das hatte niemand betsritten - und "selbstverständlich" seien die Schadstoffe "gefiltert" worden bevor sie von Passanten eingeatmet wurden. Einen Beweis dafür legte Leuer nicht vor.

Jos van Aken

Wat der Miosga ihr Uhl...Another Parkinson-Hero is born in suicideKlettern jetzt die Parkinson-Aktivisten auf die Tische?

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Der Hype um den Freitod des US-amerikanischen Schauspielers Robin Williams dürfte neue Pirouetten drehen und Purzelbäume schlagen. Wie die Medien "genüsslich" mitteilen, wurde bekannt, dass Williams ("Club der toten Dichter" und "Good Morning, Vietnam") an Parkinson in einem frühen Stadium erkrankt war.


Der alkoholkranke und drogenabhängige Robin Williams, der seit längerem "trocken" und "clean" gewesen sein soll, war außerdem an Depressionen erkrankt - einer häufigen Begleiterkrankung des Morbus Parkinson.

Ob sein Suizid im Zusammenhang auch mit der Parkinson-Erkrankung stand, ist nicht bekannt. Zu befürchten ist allerdings, dass einschlägige Parkinson-Selbsthilfegruppen den toten Schauspieler als ihren ganz besonderen Helden für sich vereinnahmen werden. Die Witwe des 63jährigen ging mit einem merkwürdig anmutenden Statement an die Öffentlichkeit, dessen eher peinlich anmutender Tenor gern benutzt wird, um den Sockel von Denkmalen zu bauen: "Er war mutig und hat mit seinen Depressionen, Angstzuständen und Parkinson im Frühstadium gekämpft", zitiert "USA Today" aus einem Statement von Susan Schneider. Aber er sei noch nicht bereit gewesen, seine Krankheit mit der Öffentlichkeit zu teilen.

Diese mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit in sden nächsten Tagen einsetzende merkwürdige Art von Verklärung tragischer Lebensläufe vornehmlich von Prominenten ist unter eher einfach strukturierten chronisch Kranken nicht ungewöhnlich - weniger arrivierte und im Mainstream schwimmende Parkinson-Tote wie der Polit-Clown Fitz Teufel werden dagegen eher beiläufig erwähnt und möglichst schnell vergessen.

Wer also Parkinson-Aktivisten und solche, die sich dafür halten in den nächsten Tagen dabei sieht, wie sie auf Tischen rumstehen (eine ausgesprochen gefährliche Turnübung für Parkinson-Patienten) sollte sich nicht weiter darüber wundern. Wat der Miosga ihr Uhl is den Parki sin Nachtigall.

Jos van Aken


NACHTRAG:

Ein Stündchen später - und schon stehen sie stramm auf den Tischen ...

Ich habe es nicht geahnt. Ich habe es gewusst, wie sich einschlägige Protagonisten der sogenannten Parkinson-Selbsthilfe-Szene auf die eher uninteressante Nachricht stürzen werden, dass der kürzlich nach einem Suizid mit 63 Jahren verstorbene Schauspieler Robin Williams angeblich oder tatsächlich an Morbus Parkinson im Frühstadium erkrankt war, bevor er sich mit einiger Wahrscheinlichkeit in einer extremen Depressionsphase das Leben nahm. 

Ich bekomme ehrlich gesagt leicht nervöse Zuckungen (um meine Lachkrämpfe mal dezent zu umschreiben), wenn ich dann in einem Forum prompt lesen darf: 

"Bei Schauspielern, Musikern und andern Künstlern, denen die Gelenkigkeit und Geschmeidigkeit alles bedeuten muss, ist die Diagnose das Aus." 

"Ach was", würde Loriot jetzt seufzen. 

Ok. Wir als Otto Normalparki und Lieschen Parkine waren selbstverständlich immer schon weder geschmeidig noch gelenkig. Und umbringen darf sich natürlich nur so ein Edel-Parki (zu dem der arme Robin Williams jetzt gnadenlos gemacht wird - er kann sich ja nicht mehr wehren). Weil: Für ihn ist die Diagnose ja "das Aus". 

Aus die Maus. Geht's noch, Herr Mitpatient? 

Ich selbst durfte durchaus die ganz persönliche Erfahrung machen, dass Aktive des hier zitierten Forums mir unterstellten, ich würde "im Selbstmitleid baden" und mir allen Ernstes rieten, ich solle mich auf meinen Geisteszustand untersuchen lassen - nur weil ich es gewagt hatte, ohne irgendwie schäbiges Mitleid oder sonstige Emotionen anzupeilen oder gar einzufordern einfach nur offen damit umging, dass eines meiner eher belastenden Parkinson-Symptome eben auch eine depressive Erkrankung sei (die ich aber gottlob medikamentös in erträglichen Bahnen halten kann - und die deshalb auch keinerlei Grund zum Jammern war oder ist). 

Ich mag mir gar nicht vorstellen, welcher Shitstorm über mir ausgebrochen wäre, wenn ich es gewagt hätte, dass meine Parkinson-Erkrankung - Geschmeidigkeit hin, Gelenkigkeit her - durchaus ganz banal "das berufliche Aus " war - wie für fast alle chronisch kranken Menschen früher oder später. Hätte da jemand irrwitziger-und peinlicherweise solch hohl pathetische Worte gefunden, wäre ihm (zu Recht übrigens) der Hohn der gesamten Parkinson-Gemeinde sicher gewesen. 

Aber es kam ja noch dicker - nicht mal eine Stunde, nachdem ich mich getraut hatte, derlei Reaktionen in einer Art "Wettervorhersage" anzukündigen. 

Einer der geschliffensten Schreiber jener Parkinson-Community erteilte sich selbst und allen ihm geistig Anverwandten gleich mal die General-Absolution für die Vereinnahmung des offensichtlich höchst interessanten suizidalen mutmaßlichen Mitpatienten Robin Williams. Von diesem geachteten Mitglied des besagten Forums war folgende Passage zu lesen: 

[Es ist] "legitim und interessant , auszutauschen, was für assoziationen der suizid eines sehr berühmten menschen bei uns freisetzt, speziell wenn bekannt wird, dass er einer von uns war bzw im begriff war zu werden." 

Irgendwie beschleicht mich das erheiternde Gefühl, dass es offensichtlich ein besonderes "Verdienst" zu sein scheint, an dieser hoch interessanten Krankheit Morbus Parkinson erkrankt zu sein - oder wie soll ich das hehre Wort vom "einer von uns" verstehen. Fehlt noch dass da der Parkinson-Chor (den gibt es wirklich) wehmütig im Hintergrund singt "Ich hatt' einen Kameraden..." 

Robin Wiliams, diesem großartigen Schauspieler bleibt auch wirklich nichts erspart. Nicht genug damit, dass er schwer alkoholkrank und drogenabhängig war - jetzt wird er auch noch zu "einem von uns" gemacht, in den "Club der noch lebenden Parkinson-Patienten" zwangseingemeindet. Ich meine, das hat er nicht verdient. 

Aber wie gesagt: Er kann sich ja nicht mehr wehren.

Oh Fox, my Fox ...Wie eine Parkison-Ikone über Nacht zum "wahren Freund" wurde:Michael J. Fox entdeckt wie aufs Stichwort seine Nähe zu Robin Williams

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Screenshot Focus 15.08.2014
Der Schauspieler Robin Williams war unter anderem bekannt für seine Lust an den komischen Seiten des Lebens. Ob er über das, was nach seinem Suizid geschieht, auch hätte lachen können, wissen wir nicht. Mir jedenfalls bleibt das Lachen im Hals stecken, wenn ich - nicht zum ersten Mal -erlebe, wie Krankheiten und Sterben von Prominenten ausgeschlachtet werden - und wie ohne jedes Gefühl von Scham oder Skrupel das wohl intimste Geschehen im Leben von Menschen, das Sterben, genutzt wird, um sich mit dem wirklich Betroffenen (der sich ja nicht mehr wehren kann) regelrecht zu schmücken.


Dass Internet-Communities und andere, die plötzlich "entdecken" dass ein Robbie Williams ja eigentlich "einer von uns" ist und ihn begeistert in den "Parkinson-Club der toten Promis" aufnehmen - geschenkt. Diese Variante der "Heldenverehrung" mutet zwar ein wenig peinlich an - wir gewöhnen uns aber mittlerweile an solche Kindereien.

Eine andere Nummer sind da schon Menschen und Institutionen, die aus handfesten, nämlich finanziellen Gründen auf Promi-Suizid-Züge aufzuspringen versuchen.

Vornweg im Buhlen um die spendenfördernde Nähe zu einem Promi mit möglichst tragischen Ende ist heute - wieder einmal ein Kollege des verstorbenen Robin Williams:

Michael J. Fox, selbst an Parkinson erkrankt, erinnerte sich heute in den Massenmedien plötzlich wieder daran (merkwürdigerweise aber erst, nachdem die Parkinson-Diagnose von Williams bekannt wurde, daran, dass er ja eigentlich immer schon ein ganz enger Freund des Verstorbenen war, und dass "Williams ein eifriger Unterstützer der Parkinson-Stiftung von Michael J. Fox", gewesen sei (ob der verstorbene Schauspieler sich auf einer Bling Bling-Gala von Fox überreden ließ, ein paar "Bucks" für die Stiftung des früheren "back to the Future"-Jungstars springen zu lassen, ist nicht bekannt, dürfte aber durchaus wahrscheinlich sein).

Fox, dessen Stiftung bisher - im krassen Gegensatz zu ihren erklärten Absichten - noch nicht ein einziges wirklich Erfolg versprechendes wissenschaftliches Projekt in Sachen Parkinson-Forschung auf ihrer Erfolgsliste verzeichnen dürfte, geht noch weiter - und verrät dabei ungewollt, dass es in der Realität des Hier und jetzt aber wohl nicht die geringste persönliche Nähe zu Robin Williams gab:

Fox reagierte "mit Bestürzung", so die Boulevard-Blätter, auf die Nachricht von Williams' Krankheit. Er sei "fassungslos", schrieb der 53-Jährige am Donnerstag auf Twitter. Williams sei ein "wahrer Freund" und Unterstützer der von Fox gegründeten Parkinson-Stiftung gewesen. Und dann schob er einen entlarvenden Satz hinterher: Er sei sich "recht sicher", so Fox auf Twitter, dass der Komiker schon vor seiner eigenen Diagnose der Stiftung im Kampf gegen das Nervenleiden geholfen habe.

Im Eifer des Gefechts um einen prominenten Platz in den Schlagzeilen war die Parkinson-Ikone Fox wohl noch nicht dazu gekommen, die Spenden-Listen der Stiftung zu durchforsten.

Oh Fox, my Fox !

Jos van Aken

siehe zum Thema auch:

Wat der Miosga ihr Uhl...Another Parkinson-Hero is born in suicideKlettern jetzt die Parkinson-Aktivisten auf die Tische?


Die Jos van Aken-Kolumne"I guess that's why they call it the blues" oder:Rollstühle sollten maßgeschneidert sein

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Rolli_real

Hier die Audio-Version
 

Natürlich bin ich kein gelernter "Rollstuhl-Tester". Aber wie das Leben nun mal so (mit unsereiner wie mit jedem anderen auch) spielt, rutscht man zuweilen in Rollen und Herausforderungen, die eigentlich so nicht geplant waren. Aber wie sang schon Altmeister Brecht so schön schräg, aber trefflich in der Dreigroschenoper:
Ja, mach nur einen Plan
sei nur ein großes Licht
und mach dann noch 'nen zweiten Plan
gehn tun sie beide nicht.
In irgendwelchen Plänen kamen bei mir weder Rollatoren noch Rollstühle vor. Nun, das Leben selbst schreibt ganz andere Pläne - und dann wird es ja meist erst wirklich spannend. Bei mir heißt das zurzeit: Der Rollstuhl muss her, damit ich - politisch korrekt ausgedrückt - wieder am gesellschaftlichen Leben teilhaben kann. Einfacher gesagt: Meine Beine wollen nicht mehr so wie ich will - und ich bin zwar begeisterte und bekennende Couchpotatoe; wer aber dieser erbaulichen Beschäftigung erst mal gezwungenermaßen ein paar Monate fast ununterbrochen leidenschaftlich gefrönt hat, dem steht dann doch der Sinn wieder danach, die Welt da draußen mal im Original in wirklichen Farben und in echtem, begreifbaren 3D zu erkunden.
Einfach mal wieder raus
Ganz kurz gesagt und auf den Punkt gebracht: Ich will endlich wieder raus, will dahin gelangen, wohin mir gerade der Sinn steht.
Real
Und damit sind wir schon wieder bei einem "Plan". Der Plan war ganz einfach: Tante Emma hat ja schon vor Jahrzehnten ihren Laden dicht gemacht - aber Supermärkte ziehen mich mittlerweile auch geradezu magisch an.
Es hat was fast philosophisches, den Regal-Dschungel mit den kunterbunt verpackten Waren aus aller Welt zu erkunden, durch endlose Gängen zu streifen, geradezu detektivisch zu erforschen, wohin sich die Gewürze, die doch vor einer Woche verlässlich im zweiten Gang rechts ganz hinten zu finden waren geflüchtet haben - dem unergründlichen Plan (schon wieder ein Plan) der Supermarkt-Strategen gehorchend und mit der Absicht, die verehrte und hoffentlich zahlungswillige und zahlungskräftige Kundschaft immer wieder aufs Neue auch durch die letzten Ecken des Konsumtempels zu scheuchen.
Auf eines können wir uns übrigens verlassen: Haben wir uns an den neuen Stammplatz der Gewürztütchen gewöhnt - werden sie von emsigen und unterbezahlten Markthelferlein flugs wieder ganz woanders angesiedelt - und die Suche beginnt von neuem.
Das große Abenteuer "Supermarkt"
Aber dieses nur am Rande erwähnt. Für mich gehört das "Bäumchen, wechsel dich"-Spielchen mit wandernden Produkt-Platzierungen zum Abenteuer Großeinkauf ebenso dazu wie das stoische Schlangestehen an den Kassen - und unsere unfreiwilligen Slapstick-Einlagen, wenn wir blitzschnell die Kassen-Schlange wechseln, um vielleicht doch ein bisschen eher dem Konsum-Terror zu entkommen, aber dabei grundsätzlich hinter der einzigen Kundin landen, die weitläufig mit der Kassiererin verschwägert ist und mit ihr nur mal schnell die neusten familiären Skandälchen austauscht. (In der ursprünglichen Schlange, die wir oberschlau verlassen hatten, geht es derweil munter und ohne Unterbrechung weiter) Zwar habe ich dafür ungeahnte Einblicke in das Intimleben von Cousine Marie, die jetzt "einen Neuen" hat, wie diw Kassiererin der die Kasse vor mir blockierenden mittelschweren Blondine unter dem Siegel der Verschwiegenheit anvertraut.
Aber Maries Neuer und seine gewiss beglückenden Fähig- und Fertigkeiten auf diesem oder jenem Gebiet gehen mich genau genommen nichts an - und ich will nur noch endlich wieder viel mehr bezahlen als mein ganz persönlicher Haushalts-Plan (!) es eigentlich vorsah.
Wenn die letzte Bank verschwindet
Aber ich schweife mal wieder ab. Das ist nun mal so: Wer sich in den Supermarkt begibt, kommt darin zwar nicht um wie es das Sprichwort will, aber er verliert sich regelmäßig in all den Möglichkeiten und unvorhersehbaren Eventualitäten, die so ein Hort des Schwelgens in Konsumfreuden und -leiden zu bieten hat.
Auf all das hatte ich seit etlichen Monaten verzichten müssen - nicht zuletzt, weil bei einer der bereits kurz erwähnten Umräumereien die einzige Rentner- und Fußkranken-Ruhebank an für mich strategisch entscheidender Stelle - nämlich zwischen Drogeriewaren und Toilettenpapier-Regal auf rätselhafte Weise verschwunden war und nie wieder auftauchte. Das versaute mir damals die Großeinkaufsfreuden endgültig - zeitweise zumindest.
War diese Bank doch genau an der Stelle positioniert, bis zu der ich - mühsam und immer lahmer und steifer werdend ich es damals gerade noch fußläufig mit Hilfe des Rollators schaffte.
Real_panic
Heute nun hatte ich einen neuen Plan (ja, lieber Brecht, ich weiß: Gehn tun sie beide nicht). Im Info- und Service-Bereich steht ja in jedem Supermarkt, der auf sich hält, ein Rollstuhl herum und wartet darauf, dass jemand ihn endlich einmal ausleiht. Dem Supermarkt-Managment gibt das die Gelegenheit, sich damit gleichermaßen selbst auf die Schulter zu klopfen "Seht her, wir haben nicht nur ein Herz, sondern sogar einen Rollstuhl für Behinderte."
Toll.
Und dieser Rollstuhl war Gegenstand meines Plans.
Zwar müsste, wenn ausnahmweise alles mal mit rechten Dingen zuginge (träumen wird man ja wohl noch dürfen) längst ein funkelnagelneuer eigener, ein federleichter und dabei stabiler,stylisch mattschwarzer Aktivrollstuhl in meiner Garage stehen, allzeit bereit, mich dahin zu rollen, wohin es mich gerade zieht - aber alle daran Beteiligten vom schlamperten Sanitätshaus über den Arzt, der offenbar vergessen hat sein Gutachten loszuschicken, bis hin zur kostentragenden Krankenkasse, die immer noch nicht begriffen hat, dass sie Dienstleistungsunternehmen ist und an geltendes Recht auf Teilhabe gebunden, scheinen sich verabredet zu haben. Will sagen: Da steht noch lange kein meine Mobilitätsgrenzen sprengender Rollstuhl in meiner Garage.
Macht ja nix, so mein naiver Gedankengang. Da gibt es ja noch den Leihrolli im Supermarkt.
Wenn Leihgaben zu Ladenhütern werden ...
Um es abzukürzen: Ich wurde zum Rollstuhl-Tester wider Willen - und: Ich weiß jetzt, warum dieser großzügig von den Supermarkt-Gutmenschen als Leihgabe gesponserte Rolli wie festgewachsen am Info- und Service-Tresen steht.
Ich hätte es wissen müssen, spätestens als sich die freundliche und zuvorkommende Supermarkt-Mitarbeiterin am Tresen sichtlich wunderte, dass (vielleicht nach Jahren?) ein behinderter Kunde sich freiwillig und seinen Personalausweis als Pfand hinterlassend dem Leih-Rolli anvertrauen wollte.
Als ich mich in seliger Vorfreude auf ein schmerz- und barrierefreier Rollen durch die Weiten des Marktes behaglich seufzend im Rollstuhl niederlassen wollte, wusste ich warum diese Supermarkt-Leihrolli so gut wie nie ausgeliehen wird - und warum ich ab sofort mit doppelter Energie und noch viel mehr Sturheit wie ein Löwe gegen alle Widerstände für "meinen" maßgeschneiderten eigenen Rollstuhl kämpfen werde.
Dieser Leihrollstuhl war logischerweise keine Maßanfertigung, sondern "von der Stange". Und zwar offensichtlich für ein gertenschlankes elfenartiges Wesen von der Größe nicht viel höher als eine gute alte Parkuhr gedacht. ich bin weder eine gertenschlanke Elfe noch größenmäßig an die Maße einer Parkuhr angepasst.
Ein halb geklapptes Schweizer Taschenmesser
Als ich, sämtliche physikalischen Gesetze mit Verachtung strafend, mich in den Leihrolli, der sich letztlich als mittelalterliches Folterinstrument aus der Werkstatt der heiligen Inquisition herausstellte, gequetscht hatte, kam ich mir vor wie ein Schweizer Taschenmesser - und zwar halb geklappt. Ich bin noch nie so viel fotografiert worden - aber ich kann es verstehen: Denn Knipsern ging es nicht etwa um meine ebenmäßige Physionomie, die eine ruhige männliche Würde ausstrahlt (normalerweise). Nein, sie ließen sich die Gelegenheit nicht entgehen,endlich mal einen Affen auf dem als Rollstuhl getarnten Schleifstein in ihre fotografische Sammlung von Katastrophen auf Rädern einzureihen.
Mein Testurteil habe ich in der Titelzeile für diese Zeilen zusammengefasst. Elton John muss ähnliche Erfahrungen wie ich heute bei meinem Leih-Rolli-Test gemacht haben als er schrien und sang: "I guess, that's why they call it the blues".
Jos van Aken

Die Jos van Aken-SatireHeute schon gekübelt - chronischLEBEN macht mit !

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Heute schon gekübelt?

Das Lenchen Fischer tut's, der nette Matthes Schweighöfer natürlich auch - und zwar im Stehen, und solange die "Mutti" sich ziert, tut's stellvertretend für die Dame, deren Frisur eigentlich kaum Schaden nehmen kann, der Charmebolzen Olli Pocher. Aber spätestens als der immerzu menschenfreundliche Altpräsident der Vereinigten Staaten von Amerika, der Herr Bush junior (sonst nicht gerade wegen seiner sozialen Ader, sondern eher als Kriegstreiber bekannt und von einem deutschen Regierungssprecher auch schon mal als "intellektuell äußerst niederschwellig" bewertet), sich publicitysüchtig von seiner Frau einen Eimer Wasser über den eher schlichten Denkapparat schütten ließ, spätestens da war der Moment gekommen, in dem die IDEE in mir reifte.

Die IDEE? Ganz einfach: Ich mach's auch.

Egal, ob und wieviel Geld "für die Erforschung und Bekämpfung" der motorischen Nervenkrankheit Amyotrophe Lateralsklerose (ALS) durch die Ice Bucket Challenge nun wirklich gesammelt wurde (die Behauptungen schwanken mittlerweile unbewiesen zeitgleich zwischen 100.000 und 30 Millionen Dollar):

Den unausgesprochenen Hauptzweck der eher weniger witzigen als vielmehr der Schlagzeilensucht der Teilnehmer dienenden Aktion für schlichte Gemüter und offensichtlich noch unter der Hitze der vergangenen Woche leidenden A-, B-, C- und sonstigen Möchtegern-Promis erfüllt der nicht ganz ungefährliche Unsinn aber ganz offensichtlich.

Übrigens ist es dabei auch absolut nicht von Belang, auch nur ein Wort über die Probleme, die eine Amyotrophe Lateralsklerose (ALS), zu verlieren. Lediglich Charlie Sheen, Bill Gates und der Sänger Chayanne gehörten zu den wenigen, die in ihren Videos auf die Krankheit aufmerksam machten . Einige deutsche Kübler erwähnten die drei Buchstaben auch.

Aber was solls? Eiskalt gekübelt werden muss nun mal - sonst gehört man ja heutzutage nicht "dazu" (Wozu? Keine Ahnung - ist ja auch nicht wirklich wichtig: Hauptsache, man drängelt sich noch schnell, bevor diese Eiskübelei-Welle wieder abflaut, noch zu dem anderen Profilneurotikern dazu.

Ich habe nur ein Problem dabei: Ich bin bekennender Warmduscher. Und ich mach mich nicht so furchtbar gern zum Voll-Horst (dazu auch noch einem begossenen).

Aber es geht auch ohne diese Sekt-und Weinkühler, die sich unsere Vorkämpfer für die ALS-Betroffenen aus lauter Sym-und Empathie samt Inhalt über den Kopf stülpen. Ich vermute ja ohnehin, dass die Idee zu dieser blödsinnigen Challenge geboren wurde, als eine Schicki-Micki-Bussi-Bussi-Clique nach durchkokster und -gesoffener Nacht die Schampus-Kübel über die weichen Birnen knallte und anschließend krampfhaft nach einem halbwegs vernünftigen Grund dafür suchte.

Wichtig ist doch nur, dass die Flüssigkeit, der die tapferen und mutigen Wettgewinner sich aussetzen, ziemlich kalt ist.

Nun, der Kaffee in dem Kübel, den ich, fotografisch dokumentiert, ohne zu zögern nicht etwa nur ÜBER mich schütte, sondern sogar IN mich schütte, war kalt. Eiskalt.

Ach so, mir geht es dabei natürlich nur darum, zu sagen, dass ich die ALS-Kranken ganz dolle lieb habe und ihnen gute Besserung wünsche. (Geht nicht? Na und - der gute Wille zählt)

Und wenn die "Mutti" aus Berlin und die anderen da oben mir demnächst eine anständige Rente zahlen, spende ich auch was - bis dahin mache ich es wie Mrs. Bush: Die hat den Scheck ihres Gatten auch gleich fürs knappe Milionärs-Haushaltsgeld kassiert)

Jos van Aken

Nachtrag: der Finanzinvestor Corey Griffin, einer der Initiatoren der "Ice Bucket Challenge", ist kürzlich mit nur 27 Jahren gestorben: Todesursache (ich kann nix dafür!) ERTRINKEN.

Griffin kam bereits am Sonnabend vergangener Woche bei einem Badeunfall im US-Bundesstaat Massachusetts ums Leben. Er war vom Dach eines Hauses am Hafen von Nantucket in Massachusetts gesprungen, ein Mal aufgetaucht und dann ertrunken.

Über die Temperatur des Wassers wurde bisher nichts bekannt.

Eiskübel-Spenden-AktionErst kassieren die Geschäftemacher - dann (vielleicht) die ALS-Kranken

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Quelle: Screenshot "Kleine Zeitung", Graz
Hätte es die Massenhysterie rund um Eiskübel, Millionen Spendengelder und die tödliche Krankheit ALS nicht ohnehin gegeben (warum auch immer) - die Funktionäre der US-amerikanischen ALS Association (ALSA), die nach eigenen Angaben aus der Eiskübel-Aktion bisher rund 88 Millionen Dollar Spendengelder kassiert, hätte sie schleunigst erfinden müssen (oder hat sie etwa?) Der Verdacht liegt zumindest nahe - es wurde nämlich langsam knapp in den ALSA-Kassen: im vergangenen Jahr kamen gerade mal läppische 2,5 Millionen Spenden-Dollar rein. Und allein die ALSA Cheffunktionärin Jane H. Gilbert steckt sich davon Jahr für Jahr satte 339.475 Dollar,in die eigene Tasche - von sonstigen "Verwaltungskosten mal ganz zu schweigen.

Den Spaßmachern im Internet, die geradezu in einem Eiswasser-Rausch zu sein scheinen und gar nicht genug Kühlwasser auf die hitzigen Köpfe bekommen können anscheinend, wird das egal sein. Sie brauchen das ALS-Alibi wahrscheinlich gar nicht, sondern frönen fröhlich dem alten Neue-Deutsche-Welle-Motto"ich will Spaß" - Markus Mörl trällert seinen einzigen Hit übrigens heute noch gern auf Schützen- und sonstigen Volksfesten..

   Abzocke - ganz im legalen Rahmen   

Aber es gab und gibt auch Menschen die nach der brav absolvierten Icebucket-Challenge zwar aussehen wie eiskalt begossene Pudel, die aber immerhin doch ganz ernsthaft meinten, wer weiß was Gutes zur "Erforschung" der Amyotrophen Lateralsklerose (ALS) und zur Behandlung der Patienten zu tun. Die zeigen sich jetzt reihenweise entsetzt, fühlen sich offensichtlich betrogen oder zumindest hinters Licht geführt - verständlicherweise. Wer etwas gegen ALS tun und deshalb spenden will, hat kaum im Sinn, einen riesigen und teuren Verwaltungs-"Wasserkopf" zu finanzieren. (Anmerkung: Bitte den Begriff "Wasserkopf "für eine unnötig aufgeblähte Verwaltung nicht mit der Behinderung Hydrocephalus verwechseln). Vorweg gesagt: Was mit den Spenden-Millionen geschieht, ist ganz legal, verstößt gegen keine gesetzlichen Bestimmungen in Sachen Spenden. Und das ist der eigentliche Skandal.

Wer nicht nur gutgläubig und gutherzig drauflos spendet, sondern versucht, hinter die Kulissen des Spendengeschäfts zu schauen, sollte eigentlich über die Bussiness-Selbstbedienungsmentalität, die hinter dem "lustigen und gut gekühlten Eimer-Dusch-Späßchen" auftaucht, auch nicht wirklich verwundert sein. Die auf der gekonnten Mischung aus Tränendrüsen-Druck und perfekt gespielter Gutmenschen-Rolle basierende Charity- Abzocke hat längst nicht mehr nur im Land der unbegrenzten Gewinnmöglichkeiten Tradition und ist - ich sage es noch einmal - durchaus kein Skandal, sondern eben "business as usual".

Auch hier in Deutschland, mitten unter uns, mutieren ursprünglich meist echte und ehrliche Absichten, sozial und gesundheitlichen Menschen Hilfe durch Selbsthilfe anzubieten, längst zu Gelddruckmaschinen  (für ganz andere Zwecke). Und auch das geschieht durchaus im legalen Rahmen: Der hält Spendensammler in Vereinen nämlich an der ganz langen Leine. 

   Auch in Deutschland: Legales Bussiness as usual für den "guten Zweck"  

Beispiel Parkinson: Die größte Patientenorganisation Deutschlands rund um diese chronische Krankheit, die deutsche Parkinson Vereinigung (dPV), betreibt eine unumstritten gute und wichtige Arbeit an der gern zitierten "Basis vor Ort" - wenn auch eher ein wenig trutschig und auf überalterte Zielgruppen ausgerichtet. Wer sich diesen eingetragenen Verein aber einmal näher anschaut, stößt auf ein gut abgeschottetes "Imperium" einer sich selbst mit Vereinsgeldern üppig bezahlenden Geschäftsführung - und einen Konten-Dschungel.Transparenz? Fehlanzeige.

Dazu kommt die Tatsache, dass diese Patienten-Organisation sich in einen stetigen Interessenkonflikt begeben hat mit Abhängigkeiten ausgerechnet von Pharmafirmen, die als Wirtschaftsunternehmen bekanntlich nur ein echtes Interesse haben: Gewinnmaximierung. Die Milliarden-Erlöse des Geschäfts mit der Gesundheit sorgen immer wieder ebenso für Schlagzeilen wie der, vorsichtig gesagt, laxe Umgang mit Menschenrechten, der dieser Branche immer wieder nachgewiesen wird.

   Mit "Dienst"-Notebooks für kleine "Selbsthilfe"-Funktionäre fängt es an ...   

Aber auch kleinere Selbsthilfevereine kann man immer öfter nicht mehr bedenkenlos empfehlen als "würdige" Empfänger und Verwalter von gutmeinenden großen und kleinen Spenden. Ein Verein, der ein großes "Selbsthilfeforum" für Parkinsonkranke betreibt, sammelt zurzeit eifrig Spenden, um eine angeblich barrierefreie Internetpräsenz aufzubauen (verrät aber weder, wie diese "Barrierefreiheit" aussehen soll oder was so ein neuer Internet-Auftritt kosten soll) Funktionäre dieses "Selbsthilfe"-Vereins legen den Selbsthilfe-Begriff auch schon mal gern ein wenig eigenwillig (im wahren Wortsinn) aus und statten sich mit "dienstlichen" teuren Notebooks aus.

Aber zurück zur aktuelle Massenhysterie der Icecube-Bücket-Challenges: Ich bin fest davon überzeugt, dass geschätzt 99% von denen, die selbst jetzt noch daran glauben, sie hätten mit den albernen Eiswasser-Kübeleien über ihren Köpfen etwaswas für ALS-Patienten getan, mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit vier Wochen nach Abebben der Tamagotchi-Welle die Krankheit ALS allenfalls noch als unangenehme Erinnerung nach dem Motto "OMG, wie schrecklich" in Erinnerung haben werden (Hatte ich Tamagotchi gesagt? Peinlicher Tippfehler: Sollte natürlich Ice-Bucket heißen)

Die angeblich zusammen gekübelten 88 Millionen US-Dollar werden die Krankheit ohnehin kaum besiegen. Zum Vergleich: Alleine für die Pflege von Alzheimer-Patienten geben die USA jährlich 214 Milliarden US-Dollar aus. In die Grundlagenforschung zu Alzheimer investieren die National Institutes of Health (NIH) etwa eine halbe Milliarde US-Dollar, für Aids mehr als drei Milliarden.

Jos van Ake

chronischLEBEN-Blogger auf dem Weg zur Ent-Fesselungroll, Rolli, roll

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Sprecher-Version - Teil 1
Sprecher-Version - Teil 2
Allen Bemühungen der Initiative "Leidmedien" zum Trotz: Lokalblättchen und Blödzeitungen - und immer wieder auch mal Medien für die sogenannte "Intelligenz" - fesseln doch schon mal gern einen schlechten oder gar-nicht-mehr-Fußgänger in einen Rollstuhl - und das ohne jede Fetisch-Neigung. Ich bin, meiner Natur folgend, zum unfreiwilligen, aber neugierigen Probanden - oder nennen wir mich doch lieber Tester - des bewegten Lebens auf zwei großen und zwei ziemlich kleinen Rädern geworden, vorwärtsgetrieben und gelenkt von meiner Hände und Arme Kraft. Der Grund ist banal: Ich bereite meinen zeitweiligen Umstieg vom Rollator in den Rollstuhl vor. Meine fortschreitende chronische Erkrankung am Morbus Parkinson verlangt das, wenn ich weiter so mobil bleiben will wie bisher.

Also schiebe ich beherzt und tatendurstig die Greifringe des "Rollis" Schwung aufnehmend Richtung Asphalt. Rolli, so nennt man (und auch frau) untereinander das Hilfsmittel zur Mobilisierung von "Nicht-Fußgängern". Ob es zu den Ritualen und der Etikette gehört, bei Begegnungen mit anderen Rollis lässig eine Hand grüßend ein wenig vom Greifring zu heben - aber um Himmels willen nicht wild zu winken, habe ich noch nicht herausbekommen.

   Greifringe-Schubsen für Dummies   

Erste Versuchen meinerseits, mit dieser freundlichen Geste, bekannt von cruisenden Harley Davidsson-Rockern, so etwas wie Solidarität mit anderen, meinen Weg kreuzenden Rolli-Fahrern kundzutun, wurden befremdlicherweise mit blankem Staunen, wenn nicht gar distanzförderndem Ignorieren beantwortet. Wahrscheinlich hab ich den Dreh noch nicht raus - oder ist mir etwa anzusehen, dass ich ein stümperhafter Anfänger in der Kunst des Greifringe-Schubsens bin - von semi-akrobatischen, Hindernisse überwindenden Manövern wie dem "Wheelie", dem Rolli-Ritt auf den zwei Hinterrädern, ganz zu schweigen.

Schon möglich: Immerhin - wir sind ja hier ganz unter uns und da kann ich es ja ruhig zugeben - immerhin ist es ja meine erste Ausfahrt außerhalb des Sanitätshaus-Show- und Shoppingrooms im ergonomisch korrekten Sitzkissen eines Rollstuhls mit Kultcharakter, den ich mir für ein paar Tage zur Probe ausgeliehen habe.

Gerade entdecke ich in der Fußgängerzone kurz vor mir ein Elternpaar, das ein halbwüchsiges Kind in einem Rollstuhl vor sich her schiebt. Die will ich doch schnell mal überholen und mit einem unauffälligen Blick abchecken, was für ein Rolli-Modell denn dieses Blag so fährt (Blag= niederrheinischer Slang meiner Heimat: Bedeutet so etwas wie Göre auf berlinisch).

   Die Galeeren-Taktik - bringt auch nicht viel   

Wie bitte? Wieso hole ich nicht auf, geschweige denn über? Warum wird der Abstand zwischen dem Elter-Kind-Gespann und mir in meinem superleichten, knallhart aufgepumpten sportlichen Rolli (der doch bestimmt nicht ohne Grund das Attribut "Aktiv" verliehen bekam), immer größer - obwohl meine Arme die Greifreifen antreiben wie ein Trommler einst die Galeerensklaven?

Das bisschen Kopfsteinpflaster in der Fußgängerzone, vor einigen Jahren von designbesessenen Stadtplanern zwecks "Atmosphäre" und optischer "Auflockerung" immer wieder mal zwischen glatten Gehwegfliesen-Strecken gepflanzt, kann mich doch nicht bremsen. Mich, einen gestandenen(?) Mann im angeblich besten, na ja: allerbesten Alter ...

Nur wo kommt plötzlich dieser Berg her? Der war doch früher nicht an dieser Stelle. Oder bilde ich mir das ein? Ein kritischer, abschätzender Blick nimmt mir die Illusion: Von "Berg" kann keine Rede sein, allenfalls von einer supersanften winzigen Steigung - eher im Promille- statt im Prozent-Grad-Bereich anzusiedeln. Und dieser kaum sichtbare, aber letztlich nicht zu leugnende "Anstieg" war natürlich immer schon da.

Allerdings: Als Fußgänger hatte ich die winzige Hebung des Wege-Niveaus gar nicht wahrgenommen. Da bewegte ich mich ja noch auf Beinen und Füßen in in alle Richtungen - jetzt, ausschließlich auf meine zugegeben nicht gerade mit Super-Bizepsen ausgestatteten Armen (ist das die korrekte Mehrzahl des athletischen Bizeps?), wird so eine lachhafte Änderung der Topographie, die nicht mal den Namen eines Hügelchens verdient, zu einem fast aussichtslosen Kraftakt.

   Im Rolli auf dem Boden der Tatsachen landen   

Der Rollstuhl, so meine erste und wohl wichtigste Lektion, zwingt mich auf den Boden der Tatsachen. Soll ja nicht schaden, höre ich immer wieder mal, wenn meine zu traumhaften Ausschweifungen verführende Phantasie mich mal wieder abheben läßt - zumindest mental.

Ein Aufwärts ist ein Aufwärts. Da heißt die Maus keinen sprichwörtlichen Faden ab. Und das bremst mich aus - es sei denn, es gelänge mir, mich in einer Zeitmaschine so an die 40 Jährchen jünger zu machen mit entsprechend frischen Leibeskräften. Aber will ich das denn? Nicht wirklich.

Ich bleibe auf meiner Lebensebene, die mich bald an die verflixte 7 vor der Null führt - und das ist auch gut so (um einen immer gut gelaunten, auch nach allerlei gebautem Mist und den unausweichlichen Konsequenzen immer noch grinsenden Politiker der neuen, offensichtlich im Windkanal konstruierten Bauart zu zitieren).

Um auf meine jungfräulichen Erfahrungen mit der Kunst des Rollstuhlfahrens zurück zu kommen: Der Umstieg vom Fußgänger zum Rollstuhlfahrer ist Abenteuer-Urlaub vom Feinsten. Es ist spannend, die doch in vielem ganz andere Welt aus der neuen Perspektive zu entdecken - in jeglicher Hinsicht. Wer von Geburt an mit dieser Fortbewegungsart vertraut ist, wird es vielleicht gar nicht so überdeutlich bemerken wie ich gerade.

Ich war ja bis vor wenigen Tagen - trotz altersgerechter Schrumpfung um einige Zentimeter, gewöhnt daran, Menschen, Stadt- und Naturlandschaften aus einer Höhe von rund 1,85 Metern und mehr zu erleben. Die meisten von uns werden sich vielleicht daran erinnern, dass zum Beispiel Häuser, Kirch- und andere Türme uns in der Kindheit riesig groß vorkamen, bevor sie in unseren Erwachsenen-Augen scheinbar aufs "normale" Maß schrumpften. Ich erlebe im Rolli das Gegenteil, will sagen: Was die Wahrnehmung der Welt um mich her angeht, werde ich wieder zum Kind. Alles ist fremd - und scheinbar plötzlich viel größer als ich es noch gestern sah.

   Mit Gulliver auf die Insel Liliput   

Ein literarischer Vergleich sei gestattet (auch wenn er heutzutage nicht gerade politisch korrekt klingt). Irgendwie bin ich in Jonathan Swifts satirischem Roman über Gullivers Reisen gelandet; nur die Reihenfolge der Stationen ist ein wenig durcheinander geraten. Anders als der Titel-Held des Romans, jener Dr. Lemuel Gulliver, war ich zunächst offensichtlich in Brobdingnag, jenem Land der Riesen mit seiner Hauptstadt Lorbrulgrud unterwegs bevor ich jetzt auf der sagenhaften Insel Liliput gelandet bin.

Ich erlebe diese Abenteuer allerdings nicht als der schiffsbrüchige größenmäßige "Normalo" Lemuel Gulliver, sondern als Ureinwohner der sagenhaften Reise-Stationen des von Swift ersonnenen Schiffsarztes Gulliver. Erst war ich wohl so eine Art Riese, und jetzt verwandle ich mich - zumindest "on the road" zum kleinwüchsigen Bürger der Insel Liliput. Nicht nur als lesewütiges Kind habe ich von diesen Orten und seltsamen Wesen geträumt - und jetzt werden sie ein wenig wahr und Realität.

Bedauernswert? Wohl kaum. Und gefesselt von den Winzwesen auf Liliput wie der - für sie und ihre Wirklichkeit riesige Gulliver - werde ich auch nicht.

   Die Entfesselung funktioniert   

Im Gegenteil. Das, was Behinderten-Aktivisten wie Raúl Krauthausen so anschaulich beschreiben, ist genau so wie der große Mann in dem kleinen Körper es beschreibt: Ein Rollstuhl "fesselt" nicht, er ent-fesselt.

Wie das, werden gute alte Bekannte, Kollegen und, Freunde mich jetzt womöglich fragen? Früher konntest du doch auf deinen reichlich lang geratenen Beinen hin- und her rennen, wie es dir gerade in den Sinn kam - und so wie wir dich kennen gelernt haben damals, kanntest du doch eigentlich nur zwei Aggregat-Zustände: Entweder bist du im Turbo-Gang durch die Gegend geflitzt und wir kamen gar nicht mit oder du hast dich zwischendurch mal hingefläzt und nichts getan. Und jetzt?

Und jetzt kann ich genau das tun. Wieder tun. Gefesselt, wenn wir schon das dramatische Wort ins Spiel bringen wollen, war ich durchaus - zwischendurch. Als bedingt durch meine Krankheit, den besagten Parkinson, das Gehen auf zwei Beinen (vom Hüpfen auf einem Bein mal ganz abgesehen) immer schwieriger wurde - auch an meinem treuen Begleiter, dem Rollator. Gefesselt, weil - nicht ganz typisch für das an sich langsamer fortschreitende Zipperlein - relativ früh nach wenigen Jahren die Kräfte nachließen. Fast ganz ans Haus gefesselt kam ich mir dann vor, als ich es mit Unterstützung des praktischen Gehwägelchens allenfalls noch zur Bushaltestelle fast vor der Haustür schaffte und auch am Ziel dann nach nur wenigen Metern mehr Sitzpausen brauchte als wieder ein winziges Stückchen vorwärts zu kommen.

Von diesen "Fesseln" befreit mich der Rollstuhl. Es macht nicht nur keinen Sinn, meine neu zu entdeckende und zu erlernende Fortbewegungsart auf vier Rädern mit meinen Fußgänger-Jahren zu vergleichen; das ohne Böses zu wollen unterstellte Ergebnis eines solchen Vergleichs stimmt vorn und hinten nicht. Es gibt nämlich grundsätzlich nichts, was ich mit dem Rollstuhl nicht erreichen könnte - ausgenommen einige, na ja: immer noch viel zu viele, künstliche Hindernisse, die mir unnötig den Weg versperren oder erschweren. Die berüchtigten und zu Recht viel zitierten Barrieren eben.

Aber die gab es doch auch schon in den Fußgänger-Zeiten. Ich habe sie, wie die meisten nur nicht mehr wahrgenommen oder habe sie erfolgreich mental ausgeblendet. So ganz barrierefrei ist auch das Leben zu Fuß nicht. Der Rollstuhl ist, ganz sachlich gesehen, ebenso ein Hilfsmittel wie zum Beispiel der Hochhaus-Lift oder die Linie 21 durch die Großstadt.

   Learning bei rolling      

Aber - und das ist Lektion zwei bei meinen ersten Rollversuchen durch die große weite Welt der Städte, nachdem ich (sie erinnern sich an Lektion eins?) auf dem nicht immer weich gepolsterten Boden der Tatsachen aufgeschlagen bin: Auch wenn kein Führerschein verlangt wird, will das unfallfreie, sichere und stressfreie Kutschieren mit dem Rolli gelernt sein - immerhin müssen (noch) keine sauteuren Fahrstunden bezahlt oder Prüfungen abgelegt werden.

Im Sanitätshaus ist ja alles total easy: Greifräder schubsen und rollen lassen über den super-ebenen glatten Boden des Showrooms. Kurven? No Problem, Sir. Dazu noch ein paar gute und - wie sich bald zeigen wird (über)lebenswichtige Tipps des Rollstuhl-Beraters:

  • richtig Sitzen,
  • Popo nach hinten und
  • eher ein wenig vorgebeugt als extrem nach hinten gelehnt,
  • vorerst keine Wheelies,
  • nicht ruckartig anfahren - weil sonst doch (unfreiwilliger) Wheelie

Für die Probefahrten habe ich mir einen Starrrahmen-Rollstuhl Küschall K 4, einen leichten und gleichzeitig stabilen Klassiker, grob einrichten lassen. Für den Dauergebrauch wäre natürlich noch ein umfangreiches Feintuning durch den Fachmann sowie Austausch verschiedener Elemente nötig. Dazu aber später mehr.

Die erste mögliche Barriere auf dem Weg in eine entfesselte Mobilität jenseits des aufrechten Gangs: Kann ich so ein alles in allem zwar elegant-schnittig, aber doch nicht wirklich zierliches Gerät in einem Kleinwagen wie unserem VW-Polo unterbringen? Keinerlei Grund zur Panik: Meine Bedenken, dass sich der Starrrahmen im Gegensatz zu einem zunächst angepeilten Faltrahmen (z.B. dem Küschall Compact) als übermäßig sperrig herausstellen und damit den Mobilitätsvorteil schmälern würde, lösten sich in ein paar erstaunlich kleine Einzelteile und Wohlgefallen auf:

  • Reifen mit einem leichten Griff abziehen,
  • Sitzkissen rausnehmen,
  • Rückenteil mit dem Zug an einer Kordel auf die Sitzfläche klappen
  • ab damit in den Kofferraum oder auf die hintere Sitzbank.

So einfach ist das - und dauert mit einiger Routine nicht mal eine Minute. Natürlich bin ich dabei eindeutig im Vorteil, weil ich problemlos noch stehen und einige Schritte gehen kann. (Fairnesshalber weise ich darauf hin, dass selbstverständlich auch andere Rollstuhlhersteller Modelle anbieten, die ähnlich konstruiert sind).

Auf den ersten "Ausritt" unter Alltagsbedingungen habe ich mich ehrlich gesagt ein wenig gefreut wie als kleiner Bub auf das erste eigene (natürlich knallrote) Fahrrad und die "unendliche Freiheit, in die große weite Welt hinaus zu strampeln, was die kleinen Radler-Waden hergaben".

Darf ich mich darauf freuen, mich in einen ROLLSTUHL zu setzen und mich durch Bewegen von Greifringen vorwärts zu bewegen (rückwärts übrigens auch)?

Ja, ich darf.

Wer zum Beispiel nach einem Unfall mehrere Monate mehr oder weniger bettlägerig war, bis die Knochen wieder hielten, und es das erste mal in den Klinik-Park hinaus ging (möglicherweise auch in einem Rollstuhl), wird mich auch als nicht behinderter Mensch wahrscheinlich verstehen.

   Bobbycar.Feeling pur   

Ich sag nur: Entfesselung.

Und entfesselt, das waren die ersten zweihundert Meter in meinem Kiez, die Straße hinunter - nicht zuletzt, weil es tatsächlich ein wenig "bergab" ging. Ein leichter Schubs an den Greifringen, und schon ging's los, fast wie von selbst. Leichtes Aussteuern, um die gerade Linie zu halten und an der Straßenkreuzung unten sanft abbremsen. Bobbycar-Feeling pur.

So hätte es stundenlang weiter gehen, nein rollen können ...

Aber auch der erste Ausflug im Rolli ist nun mal weder Ponyhof, noch Wunschkonzert. Nach dem sanften Abwärtsrollen über das leichte Gefälle war nämlich "learning bei rolling" angesagt. Ich musste zum Überqueren der kleinen Nebenstraße runter vom Gehweg (kein Problem, der Bordstein war vorbildlich abgesenkt) und auf anderen Straßenseite wieder rauf auf den Gehweg.

Nur: Da kam ich nicht rauf. Ich fürchte, ich wirkte in diesem Moment nicht übermäßig intelligent - der Rollstuhl wollte und wollte partout nicht auf den Gehweg. Ich saß da in meinem coolen Rolli wie der Ochs vorm Berg.Und dabei hatten die Straßenbauer auch an dieser Stelle ganze Arbeit geleistet und die Bordsteinkanten abgesenkt, damit unter anderem Rolli-Fahrer sicher und glatt von der potentiell gefährlichen Straße auf den sicheren Gehweg gelangen.

Hatten sie aber nicht wirklich. Hier nicht, und an tausenden anderen Stellen in der Stadt ebenfalls nicht, wie ich später betrübt feststellen durfte.

Und heute, beim Korrigieren dieses Textes, erfahre ich beim sich immer lohnenden "Blick über den Tellerrand", dass die Nicht auf ein Null-Niveau abgesenkten Bordsteinkanten an vielen Stellen einen guten und (über)lebenswichtigen Grund haben: 

   Die "Drei-Zentimeter-Tante"  

In einschlägigen Gesetzen ist nämlich verankert, dass Bordsteine höchstens auf drei Zentimeter Resthöhe abgesenkt werden dürfen. Warum? Damit blinde Menschen mit dem Langstock "sehen", also spüren können, wo der Gehweg aufhört und die Fahrbahn beginnt. Nachvollziehbar. Die blinde Berliner Behinderten-Aktivistin Kathrin Backhaus outet sich in einem Zeitungsbericht: „Ich bin bekannt als die Drei-Zentimeter-Tante“, grinst sie. Die meisten Bordsteine in ihrer Umgebung seien an den Kreuzungen auf Null Zentimeter abgesenkt. Das könne lebensgefährlich für sehbehinderte Menschen sein, weil der spürbare Übergang zur Straße fehle. 

„Also habe ich ein drei Zentimeter großes Holzklötzchen gebastelt“, verrät Kathrin Backhaus. Damit sei sie von Kreuzung zu Kreuzung gelaufen und habe die Höhe der Bordsteine aufgeschrieben. Die Liste schickte sie an das Tiefbauamt. Eine erste Reaktion gibt es: Am Augustaplatz in Berlin sind mittlerweile die Bordsteine auf drei Zentimeter angehoben worden. Nun möchte sie weiterkämpfen, so lange, bis sie keine Angst mehr vor der eigenen Zukunft haben muss.
Möglicherweise sehen die einschlägigen Bestimmungen aber auch eher großrädrige geschobene Kinderwagen oder klobige Elektro-Rollstühle vor, nur eben nicht die ein wenig klein geratenen Vorderräder eines handbetriebenen Aktiv-Rollstuhls. Zumindest scheinen die Stadtplaner und Straßenbauer davon auszugehen, dass solche "Exoten", wie ich offenbar einer bin, die es sich stur in den Kopf gesetzt haben, sich ohne artistisches Talent autark in der Stadt zu bewegen, gefälligst dieses oder jenes "Kunststückchen" einzustudieren haben, bevor sie es wagen, tollkühn (oder voll Gottvertrauen), eine Straße überqueren.

   Der Wheelie-Tanz auf zwei Rädern   

Mittlerweile weiß ich, dass ich gut daran tue, mir an den Rollstuhl, den ich hoffentlich bald mein Eigen nenne deutlich größer dimensionierte Vorderräder montieren zu lassen. Die Alternative wären die bereits erwähnten "Kunststückchen", in diesem Fall der berühmt-berüchtigte "Wheelie". Motorrad-Enthusiasten bekommen feuchte Augen bei diesem Wort.

Es bedeutet nicht mehr und nicht weniger, als sozusagen zur Hälfte abzuheben - im Klartext: Durch einen besonderen Schwung das Vorderrad (beim Rollstuhl die Vorderräder) bei der Vorwärtsfahrt nach oben zu schwingen und dann, geschickt die Balance haltend, auf dem Mottorrad-Hinterrad (den großen Hinterrädern des Rollstuhls) weiter zu fahren. Mit diesem Trick lassen sich erstaunlich hohe Stufen überwinden - eine nicht korrekt abgeflachte Bordsteinkanten lässt Wheelie-Könner nur müde lächeln.

Oft reicht es, einen nur angedeuteten Wheelie zu fahren, um ein solches kleines Hindernis zu bewältigen: Mit gekonntem Schwung die Vorderräder nur wenige Zentimeter hoch bringen, das reicht. Aber all das will erst mal gelernt sein. Bei meiner ersten Fahrt musste ich noch brav immer wieder aufstehen, um an kniffligen Stellen weiter zu kommen. Richtig stolz war ich, als ich es bald schaffte, mit ordentlich Schwung kleine, mit grobem Kies gefüllte Flächen einer Baustelle hinter mir zu lassen, ohne mich ausbremsen zu lassen.

Ach so: Wussten Sie, dass logischerweise Gehwege samt und sonders nicht etwa einfach flach sind, sondern immer ein wenig geneigt zur Straßenseite (damit auch ein Platzregen ablaufen kann) und uns Aktiv-Rollstuhlfahrer ständig zwingen, gegenzusteuern? Mir war das als Fußgänger und Radfahrer nie aufgefallen, ebenso wenig wie die unzähligen Mini-Hügel und -täler auch in einer Stadt im Flachland.

Im Rollstuhl genieße ich die natürliche Berg- und Talbahn - nun ja: Das mühselige Armkraft raubende Hochstemmen jede auch noch so winzige Steigung hinauf ist alles andere als ein Vergnügen. Und weil meine Kondition zunehmend infolge meiner chronischen Krankheit nachlässt und meine Gelenke, vor allem die Handgelenke, auch nicht mehr das sind, was sie in gesunden Tagen einmal waren, sehe ich voller Zuversicht der (teilweisen) Kassen-Kostenübernahme eines "Restkraftverstärkers" entgegen, der mich - unauffällig an die Achse des Rollis befestigt - schmerzfrei und gesund auch Steigungen hinaufbefördern hilft.

Erste Bilanz der ersten wirklichen Begegnung mit dem Rolli: nicht so einfach wie ich es mir vorgestellt hatte - aber ein riesengroßes Stück Freiheit ohne Fesseln.

Jos van Aken

chronischLEBEN-KolumneMit Jimmy open air im Theater-Park - das rockt auf der Himmelstreppe

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Mal ganz ehrlich: Open air ist auch nicht mehr das, was es mal war.

Meine frühen Erinnerungen an diese spezielle Sommerfrische-Erfahrung sind höchst widersprüchlich.

Rückblende August 1962. Koblenz. Der Rhein brennt. Boaaah. Kultureller Höhepunkt die schwimmende Bühne auf dem weinselig durchtränkten Väterchen Rhein. Irgendwas Lehaariges, verkorkster Adliger in etwas spack sitzendem Frack auf dem Weg ins verruchte Pariser Nachtleben - Maxim hieß der Edelpuff wohl. So richtig gerockt hat das nicht.

   Vorne Cocker – hinten Kaiser   

Zeitsprung. Als dann in den frühen 80er Jahren Joe Cocker sturzbetrunken beim Rock vor der Kaiserpfalz in Goslar von der Bühne stürzte und sich nur den Arm brach - da haben wir weniger den whiskygetränkten Barden als vor allem uns selbst bemitleidet: War es doch das vorzeitige Ende eines Mörder-Gigs: Vor uns Joe, der Cocker, der uns gerade noch mit seiner genial-spastischen Gestik und "with a little help" nicht nur seiner Freunde, sondern auch der Schabau- Buddel den Blues gegeben hatte. Hinter uns waberten gut tausend Jahre gemauerte kaiserliche Geschichte.

Open air - das war (und ist wohl immer noch) nicht nur die Live-Mucke, sondern eben auch der ganz besondere Raum unter freiem Himmel.

Rockalgie pur
Ich neige eher weniger dazu, in orgastischen Erinnerungen an "gute alten" Zeiten zu baden (Orgasmen kommen nun mal im Hier und Jetzt immer noch besser).

   Mit dem Pinball-Wizard auf dem Marsfeld   

Aber wenn ich den Moment vor gut 40 Jahren heraufbeschwöre (schon wieder eine Rückblende - wir sind jetzt bei ungefähr 1970 gelandet) , als ich mich auf einer sommerwarmen Wiese musikalisch alles andere als sanft aus einem Mittagsschläfchen wecken ließ - das war sex and drugs and rock 'n roll in Reinsubkultur.

Ach so, die Wiese, auf die ich mein vin-rouge-müdes Haupt gebettet hatte, das waren die champs de mars mit dem Eiffel-Turm in Paris, und die Mucker, die mich da ebenso lautstark wie genial weckten, das waren The Who, damals der Haupt-Act bei der "Fête de l'Huma", dem Sommerfest der Kommunistischen Zeitung "l'Humanité".

Hatte ich erwähnt, dass persilweiße Schäfchenwolken auf knallblauem Himmel über den Eiffelturm trieben als mich Pete Townshend und seine Jungs mit ihrem Pinball Wizard aus wer was für Träumen holten? Ich schwöre sie waren persilsauber (die Wölkchen, nicht die Who - und meine Träume wohl auch nicht)

Es gilt ja mittlerweile als eher uncool, gute alte Zeiten als gut zu empfinden und sie auch noch so zu nennen. Aber so war das eben damals.

Nicht schlecht irgendwie - inklusive der Smash-Orgie, mit der Pete und sein Kumpel Keith Moon in guter alter The Who-Tradition das gigantische open air-Spektakel im Schatten des Eiffel-Turm ausklingen oder eher -splittern ließen.

Und heute?

Joe Cocker säuft nicht mehr (hoffentlich), aber er steht noch auf den Bühnen dieser Welt, all die anderen sind auch mit unsereiner alt und ein bisschen klapprig geworden - und können's nicht sein lassen. Der Rock stirbt eben nie - sagt man wohl - ich halte ehrlich gesagt die Herren Bach und Mozart letztlich doch für langlebiger.

Um aufs Thema zurückzukommen: Ihr findet mich heute nicht mehr vor den haushohen Boxen-Türmen an der Bühne, um den Sound nicht nur zu hören, sondern auch ganz tief da drinnen bis in die Testikel zu spüren.

Das geht nicht mehr. Die Krankheit läßt es nicht zu.

Schade? Ja.

Aber das Leben, es rockt immer noch. Auch mich.

Ich bin nur bescheidener geworden. Die Lautsprecher-Türme schrumpften zu kleinen Kopfhörern (verdammt, wer erfindet endlich mal Stöpsel, die auch in meine offenbar anatomisch missratenen Ohrmuscheln passen und nicht immer raus flutschen?)

Die Rocker, die habe ich selbst radikal geschrumpft. Sie passen locker in meinen mp3-Player. Dafür torkeln sie auch nicht im Vollrausch aus dem Speicher des Geräts wie früher von der Bühne.

Würden sie es virtuell versuchen, könnte ich sie mit einem Knopfdruck zur Raison bringen. Und den Graf Danilo habe ich nach der Pubertät eh aus meinem musikalischen Leben verbannt mitsamt seinem Billig-Frack, weißem Schal und Chapeau claque.

Das Programm meiner Rockkonzerte bestimmen nicht die eitlen Barden oder ihr geschäftstüchtiges Managment; das stell' ich mir zu Hause am Computer zusammen. Aber openair rocke ich nach wie vor immer noch am liebsten.

   Wenn es im Rollator-Mann mit Hut rockt …   

Ein besonderer Genuss: Kein Mensch ahnt, was in dem harmlos und ein wenig leer dreinschauenden dicklichen älteren Herrn mit Hut vorgeht, der da mit seinem Rollwägelchen durch den Park schlurft oder sich mit Vorliebe unter Bäumen, die noch älter und dicker sind als er selbst, hinfläzt, Kopfhörer auf den Ohrmuscheln und manchmal vergnügt mit einem Fuß wippend.

Die schnellfüssigen Passanten, die hektisch die Abkürzung durch das Stadtgrün nehmen, können ja nicht wissen, dass der Wackelmann gerade mit Simon und Garfunkel im New Yorker Central Park ist, die kleine Susy am Ende des Kinos weckt, eine Brücke über tosendes Wasser baut oder dem Erhabenen Sound des Schweigens lauscht.

Vielleicht klettere ich aber auch leichtfüßig mit Jimmy Page und den Led Zeppelin auf die Treppe zum Rock-Himmel, spiele mit Schmuddelkindern und Väterchen Franz auf Burg Waldeck oder werde mit den Dire Strait zum creole swingenden Sultan.

Alle, alle hol ich sie zu meinem ganz persönlichen open-air Event in den Park. Und sie rocken nur für mich.

   Rock statt Rigor   

Der Rock stirbt nie, der Rock schlurft und schwankt nicht. Er hat keinen Tremor, keinen Rigor. Tief in mir mit all dem Grün um mich und den jagenden Wolken über uns tobe ich mit den Jungs von damals back und on stairs. Wir sind unplugged und gigantisch verstärkt, schreien unsere Lust und unseren Schmerz raus ganz ohne tieferen therapeutischen (Un-)Sinn und wirbeln über die Bühne bis der Arzt kommt.

Ach ja, der Arzt. Ich bin ja mal wieder auf Medizinmann-Tournee.

Ich rappel mich hoch und schlurfe weiter, der harmlose ältliche dickliche Herr jenseits der angeblich besten Jahre (auch so ein Schwachsinn) mit leerem ausdrucksarmen Blick, den Hut tief in die kahle Stirn gezogen.

Und keiner, keiner hat gemerkt, dass ich Jimmy gerade in den Park geholt habe und mit ihm hochgestiegen bin, auf die unendliche stairway to heaven -natürlich openair. Da machen mir die paar Stufen in mein heimisches drittes Obergeschoss nachher kaum noch was aus

© 2010 Jos van Aken

Diese Kolumne habe ich erstmals 2010 veröffentlicht.

chronischLEBEN-Bildreportage aktuellZwischenstopp der Grauen Busse gegen das Vergessenvor dem früheren Braunschweiger SS-Junker Schloss

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Mit "Grauen Bussen" erinnerte eine Initiative gegen das Vergessen heute vor der Fassade des Braunschweiger Schlosses an mehr als 70.000 behinderte Menschen die während des Nazi-Regimes systematisch ermordet wurden - unter ihnen auch 180 Frauen, Männer und Kinder aus der Neuerkerode Stiftung und viele Patienten des heutigen Landeskrankenhauses Königslutter. Sie alle wurden in grauen Bussen zu den Orten gebracht, wo sie umgebracht wurden - zum Beispiel in die hessische Tötungserlass"Anstalt" Hadamar.

Ihre Ermordung wurde von den braunen Machthabern, denen das Volk zujubelte, beschlossen, weil die der irrsinnigen Meinung waren, behindertes Leben sei "unwertes Leben", das vernichtet werden müsse wie Ungeziefer. Die Schaltzentrale dieses bürokratisch organisierten Massenmordes stand in der Tiergartenstraße 4 in Berlin - bekannt wurde der Mord an Behinderten unter dem Namen "Aktion T4"



Die Künstler Horst Hoheisel und Andreas Knitz haben die Todes-Busse in Originalgröße aus Beton gegossen. Innen im begehbaren Gang steht ein Satz, der die Angst und Ungewissheit der Menschen ausdrückt, die damals diese Busse bestiegen: “Wohin bringt ihr uns?”


Zwei Tieflader mit Teilen des Graue-Busses-Denkmals machten heute vor einem geschichtsträchtigen Ort halt: Im ehemaligen Braunschweiger Residenzschloss, hinter dessen nachgebauter Fassade heute Teile der Stadtverwaltung und ein Einkaufscenter eingezogen sind, war von 1935 bis zu seiner Zerstörung im Krieg eine der beiden im Nazi- Deutschland geschaffenen SS-Junkerschulen zur militärischen und ideologischen Ausbildung und. Schulung späterer SS-Offiziere untergebracht.


 Musikalisch gestaltet wurde der Zwischenstopp des "Graue Busse-Denkmals von der Rockband der evangelischen Stiftung Neuerkerode. Dort muss heute kein Behinderter Mensch mehr befürchten ermordet zu werden - mit ihrer Gruppe "The Mix" haben sich die Behinderten und nicht behinderten Musikerinnen und Musiker auf den Weg in Richtung Inklusion begeben.

Jos van Aken





Damals & Heute

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ACHTUNG - PIC-FICTION

Heute machten die Trucks mit Teilen der wandernden Gedenkstätte "Graue Busse" Zwischenstopp in Braunschweig auf ihrem Weg nach Polen. In den "grauen Bussen" wurden 70.000 behinderte Menschen während der Nazizeit zum Massenmord in sogenannte Tötungs"Anstalten" gefahren. Eine ausführliche Bildreportage finden Sie weiter unten

Mir ließ beim Schreiben und Gestalten des Berichts über den Halt der "Grauen Busse" vor der ehemaligen "Junkerschule" im Braunschweiger Schloss, wo die braunen Massenmörder ihre Elite schulte ein Gedanke keine Ruhe: 

Musikalisch gestaltet wurde die heutige Gedenkstunde an die behinderten Mordopfer der Nazis durch die Rockband "The Mix", eine Gruppe von behinderten und nichtbehinderten Musikern, die über Inklusion nicht nur reden - die sie einfach machen und kreativ leben. Die Gruppe ging aus einem Theaterprojekt der Evangelischen Stiftung Neuerkerode bei Braunschweig hervor.

Von dort wurden in der Nazizeit 180 behinderte Menschen zum Mord abgeholt.

Das Bild, das sich mir aufdrängte, habe ich in dieser Bildmontage gestalterisch umgesetzt: Zwei Mitglieder der inklusiven Rock-Band The Mix hineinkopiert in ein Bild des Original-Denkmals "Grauer Bus". Die fröhlichen vor Kreativität übersprudelnden Musiker von "The Mix", die heute mit ihren Songs vom lebenswerten Leben mit Behinderungen die Gedenkstunde musikalisch gestalteten - sie wären damals, von den Nazi-Verbrechern zu "unwertem Leben" deklariert, in solchen Bussen abgeholt worden - in ihren sicheren und sinnlosen Tod.


Jos van Aken 

chronischLEBEN - Erfahrungen bei der Rollstuhl-VersorgungAutarke Teilhabe am Leben hört nicht nach wenigen Metern auf

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Ich hatte kürzlich in einem Beitrag auf Facebook typische Probleme eines Neulings bei der Versorgung eines Rollstuhls durch Kostenträger wie Krankenkassen (KK) geschildert. Konkret: Die Krankenkasse hatte mir zwar einen von mir dringend benötigten Eletro-Zusatzantrieb zum Rollstuhl(SmartDrive) bewilligt und und ihn auch komplett bezahlt (hurra!), mir aber den ebenso zur Teilhabe am Leben benötigten Aktiv-Rollstuhl verweigert. Stattdessen sollte ich mit einem sogenannten "Leichtgewichtrollstuhl" versorgenwerden. Mich erreichten in diesem Zusammenhang zunehmend Fragen zu dem Thema, von dem offensichtlich nicht wenige behinderte Menschen betroffen sind.

Das Problem ist (bzw. war, weil ich mir ja notgedrungen mittlerweile einen gebrauchten Aktiv-Rollstuhl gekauft habe), dass die KK der Meinung, ist, ich benötigte überhaupt keinen AKTIV-Rolli (unabhängig von Marke oder Modell). Ein um ein vielfach billigerer (und im Vergleich zum Aktiv- oder Adaptivrollstuhl wesentlich schwerer Leichtgewichts-Rollstuhl würde genügen - weil man mir ja den teuren SmartDrive-Zusatzantrieb bezahlt. Damit würden die Nachteile des viel schwereren, schwerfälligeren und über längere Strecken nicht eigenständig zu fahrenden "Leicht"Gewichts-Rollis komplett ausgeglichen - so die Meinung der Krankenkasse.

Auf den ersten Blick ist diese Argumentation der Krankenkasse sogar scheinbar schlüssig und nachvollziehbar. Aber eben nur auf den ersten Blick.

Um eine Restbeweglichkeit in allen Gliedern (Armen und Beinen) als Parkinson-Patient zu erhalten, muss ich - abgesehen mal von dem Recht auf Teilhabe, und die nach Möglichkeit eigenständig ohne Begleitung und/oder Assistenz - mich solange es möglich ist, autark "multimodal" bewegen. Im Klartext: Kurzstrecken bis zu 50 Meter etwa mit dem Rollator, längere Strecken mit dem Rollstuhl.

Den Zusatzantrieb (in meinem Fall ein SmartDrive) benötige ich, um
  • Steigungen, die üblichen Seitenneigungen von Gehwegen zwecks Ablauf von Regenwasser und/oder schwer befahrbaren Untergrund wie Kopfsteinpflaster sowie
  • lange Strecken, die ich mit meiner Restkraft in den Armen und chronisch entzündeten Hand-und Fingergelenken nicht mehr bewältigen kann
zurücklegen zu können.

Beide Punkte haben die KK und der MDK (der mich wie üblich "nach Aktenlage" begutachtet hat, nicht berücksichtigt.

Ich habe mich deshalb nun doch entschlossen, Widerspruch gegen die Fehlentscheidung der KK als Kostenträgerin einzulegen. Da ich davon ausgehe, dass der Widerspruch (oder bei nochmaliger Ablehnung eine Klage vor dem Sozialgericht) gute Erfolgsaussichten hat, hätte ich irgendwann "schlimmstenfalls" zwei Rollstühle - den gebrauchten, zumindest bisher nicht wirklich fein abgestimmten (den ich wieder verkaufen oder besser: als Ersatz behalten würde - und einen neuen, der mir zusteht.

Ich habe das noch einmal so ausführlich zusammengefasst, um anderen behinderten Menschen, die in eine ähnliche Konfliktlage mit ihren Kostenträgern gelangen, einige Tipps aus meiner persönlichen und konkreten Erfahrung zu geben (die natürlich nicht immer 1:1 umgesetzt werden können; aber vielleicht hilft es doch ein wenig)

Jops van Aken

chronischLEBEN - schaut fernVon Nasen- und Hirnbohrern - NDR-Visite mal wieder auf THS-Werbetour

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Lieber mal heimlich in der Nase bohren statt im Hirn
chronischLEBEN-Autor Jos van Aken ist vorsichtig
Dienstag Abend war mal wieder Visite im NDR-Fernsehen. Und wieder mal war der hundsgemeine Morbus Parkinson das Schwerpunktthema, vielen von uns geläufig und auch diagnostiziert als "Idiopathisches Parkinson-Syndrom" (IPS) in diversen Stadien. Ich selbst mitsamt meiner Damen und Herren Doctores haben mich noch nicht entschieden , sondern schwanke und zitter so vor mich hin zwischen Stadium III und IV. Aber das tut hier eher weniger zur Sache. Zurück zur NDR-Visite:

Wie war das doch gleich? Ach ja: Wieder mal - na, schon erraten? Genau: Der Patient hat 100 Punkte - die Tiefe Hirnstimulation (THS) wurde zum xsten mal hemmungslos beworben.


Mal ganz ehrlich: Ich bin - wie viele von uns - bekennender Nasenbohrer (wenn ich meine, dass keiner hinschaut, was beim Stop vor dem rotem Ampellicht auf mehrspurigen Straßen ein wenig peinlich werden kann). Aber von der mittlerweile zum bevorzugten Mittel der Wahl hochstilisierten Hirnbohrerei bin ich nach wie vor alles andere als begeistert oder überzeugt - nicht einmal royal amused.

Immerhin lässt sich eine gewisse Verfeinerung in den NDR-Werbesendungen für die diversen THS-Zentren In Norddeutschland beobachten. Vor einigen Jahren wurde noch plump und leicht durchschaubar gejubelt, so eine Implantierung von zwei Sonden tief ins Hirn , die mit "unter Putz", korrekter unter die Haut, verlegten Kabeln mit einem akkugespeisten Stromgenerator verbunden werden, der wiederum Mini-Stromstöße ins Hirn leitet, bewirke völlig problemlos wahre Parkinson-Therapiewunder ohne wirklich erwähnenswerte Risiken und Nebenwirkungen, die bekanntlich Ärzte und Apotheker auf den Plan bzw. in die TV-Werbung rufen könnte.

   Das bisschen Hirnbluten ...   

In späteren Visite-THS-Präsentationen murmelten dann wechselnde THS-Päpste schon mal was von nicht zu leugnenden, aber statistisch eher irrelevanten Risiken während der vierstündigen Operiererei am und im Gehirn.

Heute nun durfte oder musste Privatdozent Dr. Carsten Buhmann ran und vor die Visite-Studio-Kameras (wahrscheinlich war er einfach an der Reihe auf der nach oben offenen Liste der THS-Lobbyisten, Ideals kostbares Schätzlein in den Schubladen von NDR-Redakteuren gehütet wird). Der Mann bringt durchaus das Zeugs mit zur Aufnahme in den illustren Kreis der sogenannten THS-Gottesvertreter, vulgo "Päpste" genannt. Er ist grundsolider Neurologischer Leiter der Arbeitsgruppe "Tiefe Hirnstimulation" am Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf und weiß bestimmt auch, wovon er redet.

Buhmann versuchte es in der heutigen Visite-Sendung offensichtlich mit einer neuen Image-Poliermethode für die immer noch umstrittene operative Therapie in Sachen Parkinson.

Er sprach als einer der ersten ganz offen das längst nicht mehr unter den Operationstisch zu fegende hohe Hirnblutungs-Risiko während der OP an - wohl wissend, dass der Leidensdruck von Patienten nur hoch genug sein muss, um solche offenen und ehrlichen Hinweise geflissentlich zu "überhören". Aber immerhin: In dieser Deutlichkeit wie bei dem Hamburger UKE-Spezialisten habe ich noch niemanden im deutschen Fernsehen von dieser akuten THS-Gefahr sprechen hören. Das ist doch mal was.

Aber das war's auch schon. Von der wie leider üblich nur brav die vorab an die Visite-Redaktion gestellten Zuschauerfragen abspulenden Moderatorin Vera Cordes nach möglichen Risiken und Neben- oder auch Folgewirkungen der Hirnoperation befragt, fing auch bei ihm das große Murmeln und eher by-the-way-Erwähnen von schon mal vorkommendem, aber leicht abstellbaren "Kleinkram" an (so klang es zumindest):

   Sex- und Spielsucht: Lässt sich alles regeln (?)   

Ein bisschen am THS-Generator gedreht, ein paar Pillen mehr oder weniger - und schwupps kann der durch die Operation zum mehr oder weniger sprachlosen Aphasiker mutierte THS-Patient wieder reden wie ein sprichwörtliches Buch, kann vielleicht sogar wieder laufen, bekommt vielleicht sogar seine als Folge von Agonisten (Parkinson-Medikamente) und auch der THS immer wieder zu beobachtenden Impulskontrollstörungen wieder in den Griff.

Wohlgemerkt - und leider typisch für diese immer wieder als Information getarnte Desinformationsstrategie der THS-Lobby, bei der es um das ganz große Geld geht: Was so eine korrekt als "Impulskontrollstörung" bezeichnete mögliche Folge sowohl bestimmter Parkinson-Pillen als auch der THS sein kann, das erwähnte der Dr. Buhmann mit keinem Wort: Es geht um Menschen, die ihre Existenz und die ihrer Familien mit Kauf- und Spielsucht extrem gefährden - oder die durch eine Hypersexualität - oft ohne es selbst zu bemerken - zu regelrechten Sex-Monstern werden.

Davon sprechen die THS-Werbekolonnen der wie Pilze nach einem warmen Regen sprießenden THS-Zentren an nahezu jeder größeren Klinik, die immer schon mal gern die Lizenz zum Gelddrucken erwerben wollte und die jeder kritischen Berichterstattung und wirklichem Nachfragen abholden NDR-"Gesundheitsexpertin" Cordes natürlich nicht.

   Das neue Musterleben des Musterpatienten bloß nicht stören    

Es hätte möglicherweise das wunderschöne Bild des vorgeführten THS-Patienten, der nach der OP so nett seinen zuvor nicht mehr ganz so beweglichen linken Arm schwingen ließ und einen flotten Tennisball übers Netz schmetterte, gestört.

Da hörten mögliche neue THS-Aspiraten wohl schon nicht mehr so genau hin, als der nette und gewiss kompetente Dr. Buhmann dann wieder zu ein bisschen mehr Transparenz zurückkehrte und schnell noch nachschob, was ohnehin jeder, der sich auch nur ansatzweise mit Parkinson-Therapiemöglichkeiten befasst hat, eh weiß: Dass diese Operation natürlich die nach wie vor unheilbare chronische Krankheit nicht heilen kann, dass nach wie vor mehr oder zunächst nach der OP erst mal weniger Medikamente geschluckt werden müssen, dass die Krankheit L-Dopa hin, Hirnbohrerei her, unaufhaltsam fortschreitet und dass es auch nichts bringt, irgendwelchen bulgarischen Joghurt zu mampfen.
Ach so: Mit nicht einem einzigen Wort auch nur erwähnt wurden THS-Operationen, die nicht nur entweder gar nicht wirkten oder manche Symptome noch verstärken, sondern regelrecht "nach hinten losgingen" Einige dieser, wahrscheinlich von den THS-Befürwortern in der zynischen Kollateralschäden-Schublade abgelegten, Opfer dieser heute wieder mal propagierten Hirnoperation Leben mitten unter uns - aber in den Gesundheitsmagazinen vom Schlage Visite finden sie nicht statt.

Jos van Aken

chronischLEBEN - InformationUnterwegs mit Aktiv-Rollstuhl und Zusatz-Power - Der SmartDrive imPraxistest: Nicht nur ganz schön smart, der Kleine - auch mit jeder Menge Drive im Rad

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Es muss nicht immer gleich der schwere klobige Elektro-Rollstuhl sein, wenn die noch vorhandene Kraft nicht mehr reicht, zum Beispiel einen Aktiv-Rollstuhl über weite Strecken mit Arm-und Handkraft zu bewegen. Hilfe versprechen nützliche kleine Helfer, raffinierte Systeme, die als eine Art "Restkraftverstärker" mit Elektromotoren, die sich zuschalten, wenn sie gebraucht werden, die praktischen manuellen Rollstühle über starke Steigungen bringen oder auf langen Strecken die Rollifahrerin, den Rollifahrer entlasten. Mein Aktiv-Rollstuhl wird seit einigen Tagen von einem dieser Zusatzantriebe bei Bedarf kräfteschonend geschoben. Ich habe mich unter den verschiedenen Systemen für einen SmartDrive mx1 des Herstellers Max Mobility entschieden. Hier die ersten Ergebnisse meines SelbsterFAHRungs-Tests (im eigentlichen Wortsinn). Mittlerweile bin ich drei Tage lang unter realistischen Alltagsbedingungen.

Aktiv-Rollstühle sind nicht etwa nur "in" oder "hip", weil sie stylisch daherkommen und uns behinderten Menschen einen Hauch von sportivem Jugendwahn mit auf den bewegungseingeschränkten Weg geben. Die teuren Hilfsmittel sind der rollende Beweis der These von Behindertenaktivisten wie Raúl Krauthausen oder dem Rolli-Artisten David Lebuser, die dem Auflagen und Einschaltquoten pushenden, aber kontraproduktiven Mitleidsgesumse der Massenmedien ein bewegtes Motto entgegensetzen. Und das stellt fest: "Wir sind nicht an den Rollstuhl gefesselt - der Rollstuhl öffnet uns Türen und ganze, sonst unerreichbare Welten. Er befreit uns von Fesseln."

Mit rollenden Bewegungsbremsen, auch Standard- oder gar etikettenschwindelnd "Leichtgewichts"Rollstühle genannt, ist diese neue Mobilitätsbefreiung kaum möglich. Aber auch der chice, wirklich leichte und fein getunte Aktiv-Rolli hat seine Grenzen - vor allem für behinderte Menschen, die zwar gern die mit ihrer speziellen Behinderung noch verbliebene Kraft in Armen, Händen und Fingern so lange wie möglich erhalten und gesundheitsfördernd nutzen wollen - aber aus verschiedensten Gründen damit - und damit eben auch mit dem manuell bewegten Aktiv-Rollstuhl nicht weit kommen.

Ich bin so einer. Meine Hand- und Fingergelenke sind nicht allzu oft und vor allem allzu lange belastbar; außerdem ist die Gesamtkondition, die "Power", doch sowohl altersgemäß als auch dem Morbus Parkinson geschuldet längst nicht mehr das, was sie mal war. Ein Grund, als "Couch-Potatoe" in der Sofaecke zu verludern ist das aber nicht. Möglich machen das sogenannte "Restkraftverstärker", die dem Rollstuhl wieder Schwung geben, wenn die Steigung nicht zu bewältigen ist - oder die Kraft für den weiteren Weg nicht mehr reicht.

Der SmartDrive, der mir seit einigen Tagen zu neuer Bewegungsfreiheit verhilft, besteht im wesentlichen aus drei Bauteilen. Da ist vor allem ein Motor-und Radmodul. Der rund 1 PS "starke" Elektromotor treibt, elektronisch gesteuert, ein Rad an. Das schiebt den Rollstuhl vor sich her - und hat als raffiniertes Extra zusätzlich Querrollen in seine Lauffläche integriert, die seitliche Bewegungen zum Beispiel beim Kurvenfahren ermöglichen (siehe Bild). Dieses Antriebsmodul wird mit einem Griff in die Achse der Hinterräder des Rollstuhls gehängt - und kann ebenso schnell und einfach in Sekundenschnelle wieder aus seiner Achsenhalterung genommen werden - etwa, zum Verstauen von Rollstuhl und SmartDrive in den PKW-Kofferraum oder auf die Rückbank des Autos.

   Leicht, handlich und weit reichend: Der 3 kg-Akku   

Das zweite wesentliche Teil ist der Lithium-Ionen-Akku. Die ist ausgesprochen flach und handlich, wiegt gerade mal 3 kg und wird einfach unter den Rollstuhl-Sitz geschoben. Der Akku sorgt mit einer Ladung für eine Reichweite von rund 16 km. In der Alltagspraxis bedeutet das nach meinen Erfahrungen, dass auch nach zwei Tagen ausgiebiger Spazierfahrten durch die Stadt, durch Parks mit zum Teil heftigen Steigungen und häufigem "Ausreizen" der Höchstgeschwindigkeit von rund 7,5 km/h über weite Strecken der Akku keine Warnung wegen niedrigen Restvolumens ausgab. Sicherheitshalber habe ich das handliche, auch für michleicht transportable Kraftpaket aus dem Rolli in der Garage gezogen und mit ins 3. Obergeschoss genommen. Nach knapp drei Stunden meldete das Ladegerät: Der Akku ist wieder zu 100 Prozent "gefüllt".

Mein erstes Testurteil für Ausdauer und Nutzerfreundliches Wiederaufladen des SmartDrive-Akkus:

10 von 10 (möglichen) Punkten

Teil drei des SmartDrives sind zwei Bedienungstasten, die mit den üblichen Klettbändern rechts und links vorne am Sitz befestigt werden. Diese Schalter sind vielseitig - und sie sind ausgesprochen wichtig für die Sicherheit der SmartDrive-Piloten; dazu später mehr. Beide Tasten haben die selben Funktionen (in einer ersten Version des SmartDrives) gab es lediglich einen einzigen Schalter, der mittig an der Sitzvorderkante platziert war).

   Aus gutem Grund: Zwei Schalter mit gleichen Funktionen   

Zunächst einmal die Funktionen: vor allem sind die Städten Ein- und Ausschalter des Systems - also nicht weiter aufregend. Interessanter sind die Funktionen als Wechselschalter zwischen den beiden wichtigen Fahr-Modi des SmartDrive: Es gibt einen "Indoor-Modus", der vor allem (aber nicht nur) zum Fahren innerhalb der Wohnung oder in Geschäften etc. Gedacht ist. Umschalten kann man mit einem der beiden Knöpfe an den Sitzseiten vom Indoor- in den Outdoor-Modus. Dieser "Außen-Modus" soll vor allem bei Fahrten draußen eingesetzt werden - und hat es in sich; auch dazu später weitere Einzelheiten.

Die beiden Schalter schneiden bei meinem Test nicht ganz so gut ab wie zum Beispiel der Akku: Es gehört schon viel Fingerspitzengefühl - und auch nicht gerade wenig Kraft in den Fingern dazu, diese Schalter schnell und spontan zu bedienen. Diese körperlichen Voraussetzungen bringen viele behinderte Menschen nicht unbedingt mit. Das gibt Punktabzug: Den Schaltern des SmartDrive kann ich wegen der nicht optimalen Benutzbarkeit nicht mehr als

8 von 10 (möglichen) Punkten geben.

Neben diesen drei Hauptbestandteilen kommen noch einige zumindest bisher solide wirkende, unter dem Sitzkissen verlegte Kabel und zwei Stecker, die Akku, Schalter und Antriebsmodul miteinander verbinden, zum System. Das nur der Vollständigkeit halber.

Fahren mit dem SmartDrive ist einerseits kinderleicht - verlangt andererseits aber von den Rollstuhlfahrerinnen und -fahrern ein gerüttelt Maß an ausgeprägtem Reaktionsvermögen und vorausschauender, ausgesprochen defensivem Fahrstil. Das klingt zunächst einmal übertrieben - und bei den ersten Fahrversuchen - etwa im Showroom des Sanitätshauses ist auch alles einfach nur - einfach (oder sollte ich sagen: "alles easy"? - der SmartDrive ist schließlich ein waschechter US-Amerikaner).

Das Fahrprinzip ist tatsächlich ausgesprochen simpel. Bleiben wir zunächst im "harmlosen" Indoor-Modus. Den Rollstuhl mit einem beherzten Schubs der Greifreifen in Bewegung setzen - und schon schaltet sich das Antriebsmodul hinter der Achse mit einem leisen Surren ein - der Motor schiebt dennRolli vor sich her. Die Hände brauchen wir dann nur noch zum Lenken. Rechts-und Linkskurven werden - etwas anders als beim rein manuellen Fahrbetrieb - durch leichtes Abbremsen des jeweiligen Greifrings am rechten oder linken Hinterrad gefahren.

   Ein paar mal drehen am Rad - und schon wird's flott   

Wer es schneller mag, muss nach dem ersten Anschieben (und damit den Motor zuschaltenden) per Greifreifen einfach nur die Geschwindigkeit mit wenigen Griffen erhöhen - mit leichter Zeitverzögerung reagiert die Elektronik und damit der Motod des SmartDrives. Auch im Indoormodus kann so stufenweise die Geschwindigkeit auf bis zu knapp 7,5 km/h gesteigert werden. In nicht sonderlich großen Räumen IST das nach meinen Erfahrungen aber doch wohl ein bisschen zu schnell. Gebremst bis zum Stillstand wird - wie gewohnt beim manuellen Betrieb durch Abbremsen der Greifräder. Bei dieser Gelegenheit ein wichtiger Hinweis: Wer schneller als im Schlender-Tempo mit Rollstuhl und SmartDrive ist, muss Handschuhe tragen. Ich selbst bevorzuge die üblichen Reiter-und Rollstuhlfahrer Handschule mit Innenflächen aus griffigem, und nicht zu dünnem Leder und abgeschnittenen Fingerlingen.

Wie bereits erwähnt: Der Outdoor-Modus, der durch einen kurzen Druck auf einen der beiden Schalter-Knöpfen an den Sitzseiten zugeschaltet werden kann, hat es in sich (und das sollte wörtlich genommen werden). Dieser Fahrmodus für "Fortgeschrittene" verlangt auf jeden Fall ein mehrstündiges Training auf sicheren weiten Flächen.

Im Prinzip funktioniert der Outdoormodus genau so wie der Indoormodus: Also anschubsen, um langsam zu starten, und durch weitere Schübe in den Greifreifen das Tempo erhöhen. Nur: Wenn der SmartDrive - egal mit welcher Geschwindigkeit - im Outdoor-Modus fährt, lässt er sich nur ungern durch Fahrerin oder Fahrer etwas sagen:

   Im Outdoormodus: Immer einen Finger auf dem Schalter   

Der Antrieb arbeitet dann nämlich permanent und ignoriert - im Gegensatz zum Fahren im Indoor-Modus- jegliche Bremsaktion. Das hat seinen guten Grund: Nur so ist es zum Beispiel möglich, auch starke Steigungen bis zu 10% und mehr hoch zu fahren, ohne manuell eingreifen zu müssen. So weit, so gut. Man sollte aber bei flotten Fahrten im Outdoormodus unbedingt den Hinweis des Herstellers beachten und immer eine Hand am Ein- und Ausschalter haben (mit der jeweils anderen Hand muss ja gesteuert werden).

Bremsen im Outdoormodus ist  grundsätzlich möglich, wenn auch sehr mühselig und mit großem Kraftaufwand - aber anhalten kann man nur nach einem kurzen Druck auf einen der beiden Schalter-Knöpfe. Wer sich darauf einstellt und immer eine Hand an einem Schalter beläßt, ist auf der sicheren Seite - aber das ist gewöhnungsbedürftig. Deshalb immer wieder der Hinweis: Ohne ausgiebiges Training ist die schnelle Fahrt im Putdoor-Modus unter Umständen lebensgefährlich. Wer in Panik gerät, riskiert schwere Unfälle.

Fazit der Fahreigenschaften des SmartDrive: Das Helferlein ist nicht nur ausgesprochen Smart, sonder hat auch jede Menge Drive. Als Norddeutscher würde ich sagen: Der hat "richtig Bums". Auch als mit 67 Jahren alter Mensch mit nachlassenden Reflexen fühle ich mich nach insgesamt drei Tagen SmartDrive-Praxis sicher und fahre souverän, sicher und entspannt mit Schwung durch den Großstadtdschungel. Aber auf die Gefahr hin, mich noch einmal zu wiederholen und damit diesen oder jene zu nerven: Nicht gleich mit Full Power im Outdoor-Modus lossprechen, sondern die einzelnen Fahrmodi mit Vorsicht ausprobieren.

Unter diesen Bedingungen kann ich der Fahrpraxis des SmartDrives ohne weitere Bedenken die volle Punktzahl in meinem Test geben:

Also: 10 von 10 (möglichen) Punkten

Natürlich wollte ich bei meinen Testfahrten vor allem erfahren, was der SmartDrive im Zusammenspiel mit meinem Aktiv-Rollstuhl (einem Starrrahmen Küschall K4) kann - und vor allem auch: Wo fährt er an seine Grenzen?

   Steigungen und Seitenneigungen - kein Problem mehr   

Beginnen wir mit dem ganz alltäglichen Fahren auf Gehwegen und in typischen anderen Straßensituationen. Jeder Rollifahrer kennt zwei Situationen und Umstände, die das rein manuelle Fahren auch mit einem gut abgestimmten Aktiv-Rolli zur nervigen Quälerei machen: da sind zum einen die aus gutem Grund stets Richtung Straße quergeneigten Gehwege (damit der Regen ablaufen kann und sich nicht auf dem Gehweg staut). Je nach Schrägneigung des Gehwegs bedeutet das im "Handbetrieb" ständiges Gegensteuern, weil man sonst über kurz oder lang zwangsläufig unfreiwillig auf der Fahrbahn landet. Dieser ständige "Einhandbetrieb ist nur etwas für Menschen mit wahrhaft athletischen Kräften.

Und natürlich Steigungen: Wer, wie ich, erst relativ spät im Leben in den Rolli umsteigt, macht als erstes die erstaunliche und alles andere als erfreute Erfahrung, dass es so etwas wie die immer wieder behauptete norddeutsche Tiefebene gar nicht gibt. Was wir als Fußgänger und Radfahrer gar nicht wirklich merkten, ist für Rollifahrerinnen und -fahrer unangenehmer Alltag: Wir bewegen uns ständig auf einer Art Berg- und Talbahn. Die meisten "Steigungen" sind nicht sonderlich steil und können, wenn auch kraftraubender, auch von Hand bewältigt werden. Aber immer wieder steht man dann doch wieder wie der sprichwörtliche Ochs vorm Berg und muss resignieren.

Diese Problematik gibt es nach Einschalten des SmartDrives nicht mehr. Zwar muss auch gegen die Seitenneigung der Gehwege angesteuert werden; das bedeutet beim Schub durch den Zusatzantrieb aber lediglich ein leichtes Bremsen eines Greifreifens. Nach einiger Zeit geht das in Fleisch und Blut über - ein wesentlicher Stressfaktor fällt weg.

Und über Steigungen muss man sich schon mal gar keine Gedanken mehr machen. Auch bei extremen Steigungen bis 10% und steiler schafft der SmartDrive das: In den Outdoor-Modus schalten, unter Umständen ein bisschen schneller werden vor der Steigung - und den Rest getrost dem Antriebsmodul überlassen. Reines Fahrvergnügen.

Probleme kann es mit dem Untergrund geben, über den der SmartDrive den Rollstuhl schieben soll. Über Asphalt und gut verlegte Gehwegplatten gleitet der Rolli sowohl mit als auch ohne Zusatzantrieb natürlich leicht hin. Klar. Aber wie ist es zum Beispiel mit Grasflächen? Da verspricht die Werbung des Herstellers Max Mobility eine Art "Rasensport" vom Feinsten: In den Videos der Firma sieht man das Werbemodels, das irgendwie an Costa Cordalis in jungen Jahren erinnert, mit Rolli plus SmartDrive über gepflegte Rasenflächen preschen, dass es eine reine Freude ist.

Ich habe das mal nachgestellt in meinem kleinen Test. Nun gut, statt dem Costa Cordalis-Verschnitt (woher nehmen, wenn nicht stehlen?) musste ich selbst mal wieder als todesmutiges Model herhalten und den gepflegten Rasen hatte ich auch schnell gefunden: Im Botanischen Garten der Technischen Universität Braunschweig. Also aufgepasst, dass gerade kein Gärtner meinen Rasenfrevel bemerkt, und dann runter vom Gartenweg aufs frische Grün.

Und ich erlebte tatsächlich mein kleines grünes Wunder: Der SmartDrive schob den Rolli brav über den Rasen - bis, ja bis ich in eine Ecke des Rasens gelangte, wo das Grün offensichtlich besonders üppig gedieh (oder nicht so sorgsam gemäht worden war). Da war dann Schluss mit dem Rolli-Rasen-Fahrvergnügen. Also: Nicht unbedingt in höher wucherndes Gras fahren mit dem SmartDrive (und ohne auch nicht)

Im Botanischen Garten machte ich noch zwei weitere Erfahrungen, was die Wegetauglichkeit des SmartDrive angeht: wie vielerorts üblich sind die Wege im "Botanischen" natürlich nicht asphaltiert, sondern mit feingemahlenem Steingrieß befestigt. Wirklich wohl fühlt der SmartDrive sich auf solchen wegen nicht - aber mit gelegentlichem Durchrutschen des Antriebsrades schafft er auf diesem alles andere als festen Untergrund sogar ganz ordentliche Steigungen.

Echte Probleme hat der SmartDrive mit schlampig verlegten dicken Natursteinplatten-Wegen - vor allem, wenn zwischen den Steinen hin und wieder Höhenunterschiede und relativ breite Abstände zu überwinden sind. Das ist aber kein spezielles SmartDrive-Problem: In denselben Natursteinplatten blieb ich auch ohne den Zusatzantrieb regelmäßig "hängen". Die Lösung: Nach "Wheelie-Art" die kleinen Lenkräder am Rollie ein wenig anheben; Dan. Kommt man über diese Mini-Hindernisse hinweg. Mühsam, aber es geht (oder doch lieber: rollt?)









Eine weiterer unter manchen Rollifahrern gefürchteter Straßenbelag ist das Kopfsteinpflaster. Für den manuellen Betrieb kein unüberwindbares Hindernis, aber ein kräfteraubender mühseliges Unterfangen. Mit dem SmartDrive wird die Fahrt über Kopfsteinpflaster zwar auch nicht zum reinen Vergnügen; es rumpelt und rüttelt - kein Wunder. Aber der Rollstuhl hält die Spur und läßt sich mühelos steuern.

Bei abgesenkten, aber dennoch abrupt die vorderen kleinen Lenkräder des Rollstuhls stoppenden Bordsteinen ist - wie bereits ohne Zusatzantrieb - auch mit dem eingeschalteten SmartDrive Vorsicht geboten. Meine bisherige Erfahrung: Auf gar keinen Fall Straßen mit solchen Bordsteinen im Outdoor-Modus überqueren; der würde den Rollstuhl ungebremst gegen das Hindernis schieben und einen Tiefflugdes Fahrers oder der Fahrerin provozieren. Im Indoor-Modus behutsam an den Bordstein heranfahren, mit einer schnellen Bewegung der Greifreifen die Vorderräder kurz anheben und dann normal weiter fahren. Echte Wheelies sind mit dem SmartRive möglich. Da ich aber diese Technik noch nicht beherrsche, kan ich aus eigener Erfahrung dazu nichts Näheres berichten.

   Minuspunkt: Rückwärts klettern nicht möglich   

Einen Minuspunkt für Fahrten im Stadtverkehr gibt es, weil das bewährte Rückwärtsfahren zum Überwinden höherer Bordsteinkanten wegen des angehängten SmartDrive-Antriebsmodul nicht möglich ist. Als "Ersatz" dafür bietet sich das Erlernen der Wheelie-Technik an (das Fahren nach Ankippen des Rollstuhls ausschließlich auf den Hinterrädern.

Schließlich noch ein weiterer Sonderfall im Rollstuhl-Alltag: Die Benutzung von Bussen und Straßenbahnen mit angehängtem SmartDrive. Voraussetzung dafür sind natürlich Niederflurfahrzeuge mit Rampe. Die Fahrt in den und aus dem Bus ist simpel: Hier kommt wieder der Indoor-Modus zum Zuge: Mit Schwung die Rampe hochfahren - und rechtzeitig abbremsen. Die Steigung der Rampe ist nach meinen Erfahrungen kein Problem.

Die Mitnahme des Rollstuhls mit SmartDrive im Pkw ist absolut unproblematisch: Stecker abziehen, Akku raus ziehen und Antriebsmodul (Gewicht: 5 kg) aus der Achse ziehen. Zeitaufwand:Deutlich weniger als eine Minute.

Wenn ich davon ausgehe, dass so ein Zusatzantrieb nicht mit einem "echten" schweren E-Rollstuhl und dessen Fahreigenschaften vergleichbar ist, gebe ich dem SmartDrive wegen des Wegfalls der Rückwärts-Hindernis-Kletterei und dem nicht einfach Bremsbacken Outdoor-Modus, derbem Überqueren von Straßen zu nicht einschätzbaren Risiken führt im Bereich der Alltagstauglichkeit.

8 von 10 (möglichen) Punkten

Alles in allem: Ich habe nach mehrtägigen Testfahrten unter allen nur erdenklichen Umständen und Bedingungen, die bewusst das Gerät an seine Grenzen führten, die Beschaffung des SmartDrive nicht nur nicht bereut, sondern freue mich wie Bolle über die neue Mobilität, die es mir ermöglicht. 100prozentig ausgereift scheint mir das immer noch recht junge System nicht. Einziger wirklicher Kritikpunkt ist die nicht ausbremsbare Power des Outdoor-Modus. Da sollten die Entwickler sich außer dem zweiten Ein- und Ausschalter noch was einfallen lassen.

Jos van Aken

Ach so, noch eine Kleinigkeit: Die "Punktevergabe" in meinem kleinen Test, der keinerlei Anspruch auf Professionalität oder gar wissenschaftliche Qualität erhebt, ist nicht "bierernst" gemeint. Das "Ergebnis", ein rechnerischer Durchschnitt von "9 Punkten - von 10 möglichen" gibt aber doch ziemlich exakt das wieder, was ich nach wirklich gründlichem Ausprobieren meines SmartDrive von dem Gerät halte - verglichen mit den wie üblich vollmundigen, idealisierenden Aussagen in der Werbung, die mögliche Schwachpunkte nicht gerade betont.


chronischLEBEN - InformationWelcher Rollstuhl passt zu mir - und solles ein "Hilfsschubser" dazu sein?

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Rollen ist immer gut, wenn die Fortbewegung zu Fuß nicht, nicht mehr oder allenfalls suboptimal funktioniert. Neben vielen Menschen, die aufgrund angeborener Funktionseinschränkungen auf Rollator und/oder Rollstuhl angewiesen sind, garantieren die rollenden Hilfsmittel immer mehr auch chronisch kranken Menschen oder Opfern von Unfällen (auch als Menschen mit erworbenen Behinderungen bezeichnet) die Teilnahme am Leben - vor allem zur Wiedererlangung der Mobilität in und außerhalb der Wohnung. Ich selbst erfreute mich nach meiner Parkinson-Diagnose fünf Jahre lang dank Rollator einer nur wenig eingeschränkten Bewegungsfreiheit. Seit einigen Wochen steige ich mit zunehmend nachlassender "Gehkraft" und Kondition nach und nach auf den Rollstuhl um - eine weitere positive Erfahrung meines Lebens mit der chronischen Erkrankung, die mich ohne solche Hilfsmittel unnötig behindern würde. An dieser Stelle nun ein vergleichender Bericht sowohl über die bekanntesten Rollstuhl-Arten als auch eine Übersicht verschiedener "Restkraftverstärker"-Systeme für manuelle Rollstühle, die auf Knopfdruck und mit wenigen "Schubsen" an den Greifreifen dem Rolli zu ungeahnter Motorkraft verhelfen.

Rollstühle gibt es bekanntlich für Menschen mit ganz unterschiedlichen körperlichen und geistigen Voraussetzungen. Ich nenne hier nur mal die aus Krankenhäusern und Pflegeheimen bekannten Pflegerollstühle. Die können zwar auch von den Nutzern selbst bewegt werden - aber nicht wirklich weit: Sie werden meist von Begleitern geschoben.

   "Leicht" ist nicht immer leicht   

Die zweite Sorte "Rolli" im breiten Angebotszentrum ist der sogenannte "Leichtgewichtsrollstuhl". Der ist "leicht" allenfalls im direkten Vergleich mit den oben erwähnten Schwergewichten, den klobigen und sperrigen Pflegerollstühlen. Diese von den Kostenträgern, meist den Krankenkassen gern genehmigten, weil niedrigpreisigen Standardrollstühle wiegen ab 17-19 kg und eignen sich ebenfalls kaum, um ausschließlich "von Hand" vom Nutzer über weitere Strecken bewegt zu werden. Spätestens an der nächsten leichten Steigung geht es nicht mehr vorwärts ohne menschliche Schiebehilfe (die allerdings auch möglichst kräftig ausgestattet sein sollte). Diese Standard- oder "Leichtgewichts"rollstühle werden mittlerweile sinnvollerweise meist mit zusätzlichen Motorantrieben in den Hinterrädern eingesetzt; dazu weiter unten mehr.

   Aktiv im rollenden Maßanzug   

Wer selbst - bis auf die Einschränkung in den Beinfunktionen - noch beweglich ist und zumindest einige Restkraft in den Armen, Händen und Fingern hat, setzt sich lieber in einen Aktiv- oder Adaptivrollstuhl. Die sind deutlich leichter als die Standard-Rollis, bringen in der Regel maximal 11-12 kg auf die Waage und sind bauartbedingt individuell auf die Maße, Fähigkeiten und Bedürfnisse der jeweiligen Rollifahrerinnen und -fahrer einzustellen: Sozusagen rollende Maßanzüge von der Stange.

Das hat aber seinen Preis. Je nach Ausstattung sind wirklich empfehlenswerte Aktiv-Rollstühle nicht unter 3.000 EURO zu haben - nach oben kaum eine Preisgrenze. Die bei den Krankenkassen bevorzugten Standard-Rollstühle kosten gerade mal einige Hundert EURO.

Sowohl "Leichtgewichts" als auch Aktivrollstühle gibt es als Faltrollstühle, deren Rahmen einfach zusammengeklappt werden kann - oder auch als Starrrahmen-Modelle: bei denen läßt sich meist das Rückenteil auf die Sitzfläche klappen, und natürlich können auch mit ein, zwei Griffen die großen Hinterräder mit ihren kurzen Steckachsen abgezogen werden. Sowohl Falt- als auch Starrrahmen-Rollstühle lassen sich problemlos und schnell im Kofferraum oder auf den Hintersitzen von normalen Pkw verstauen.

   Solide Schwergewichte kommen weit - und brauchen Platz   

Das gilt nicht für die "echten" Elektro-Rollstühle. Das sind nicht nur Schwergewichte ab 60 kg aufwärts; auch ihre Ausmaße sperren sich erfolgreich gegen jeden Kofferraum. Zu einem "richtigen" E-Rolli gehört schon ein nicht zu kleiner Van mit Rampe - mindestens. Dafür sind diese Maschinen robust, komfortabel und weitreichend: Ihre riesigen Autobatterien schieben Rolli samt Fahrer mindestens 30 km weit, bevor sie wieder ans Ladegerät müssen.

In unserem vergleichenden Bericht hier geht es um die Ausstattung mit einem Aktiv-Rollstuhl. Der ist zwar - wie weiter oben kurz erwähnt - wendig, leicht und vielseitig einsetzbar; wer ein wenig übt, schafft damit ohne große Probleme auch höhere Bordsteinkanten zu überwinden oder sogar - nach fachkundig gecoachtem Training, Rolltreppen zu befahren - von akrobatischen Kunststückchen wie dem "Wheelie" (Balancierendes Fahren lediglich auf den zwei großen Hinterrädern) ganz zu schweigen: Das lässt sich erlernen, ist aber eindeutig was für Fortgeschrittene, die mit solchen Techniken sogar locker mal eben eine respektable Treppe runter rumpeln.

Aber: Auch diese echten Leichtgewichte müssen bewegt werden. Was auf Reha-Messen oder in Werbevideos spielerisch leicht aussieht, kann nur von meist jüngeren Fahrerinnen und Fahren mit ordentlich "Schmalz in den Muckis", also kräftigen Armen und kraftvoll zugreifenden Händen an den Greifreifen geleistet werden.

Und da kommen dann die immer beliebter werdenden elektrisch betriebenen Restkraftverstärker unter anderem spezielle Rollstuhl-Hinterräder mit eingebauten E-Motormodulen ins hilfreiche Spiel.

   Ein bisschen E-Rolli kann helfen   

Auch hier, zum besseren Verständnis für diejenigen, die sich noch nicht mit dem Thema beschäftigt haben, im "Schnelldurchlauf" die wesentlichen Unterscheidungsmerkmale der "Zusatzmotoren" - um mehr handelt es sich dabei nämlich nicht. Rollstühle sind nun mal keine Highspeed-Vehicel. Geschwindigkeiten oberhalb von "atemberaubenden" 10 km/h sind zum Beispiel bei Aktiv-Rollis weder vorgesehen noch empfehlenswert: Sicherheit hat Vorfahrt.

   e-fix: Ganz nah dran an den großen "elektrischen"  

Am bekanntesten - und sehr bewährt - sind wohl Zusatzantriebe nach Art des von der Firma Alber angebotenen e-fix. Dabei werden die normalen Hinterräder des Rollstuhls gegen e-fix Räder ausgetauscht. In deren Naben sind kleine Elektromotoren eingebaut. Gefahren, gebremst und gelenkt wird beim e-fix mit einem Joystick, der vor oder neben eine Armlehme des Rollstuhls angebaut wird. Die Geschwindigkeit kann variabel eingestellt werden; eine ausgereifte Elektronik sorgt für angehnemes "kinderleichtes" Bedienen. Außerdem kann der Motorantrieb problemlos ganz ausgeschaltet werden.

Die Räder mit den integrierten Motoren und Akkus wiegen allerdings jeweils 6 kg und machen den Rollstuhl spürbar schwerer. Das System lässt sich ansonsten problemlos mit wenigen Griffen demontieren und im Auto verstauen.

Von den beiden Systemen, die als nächstes vorgestellt werden, unterscheidet sich das e-fix-System in einem wesentlichen Punkt: Es verwandelt - wenn es nicht komplett ausgestellt und auf reinen Handbetrieb geschaltet wird - manuelle Rollstühle in eine Art e-E-Rollis, die permanent von den Motoren in den Rädernaben angetrieben werden - ob es nun gerade nötig ist oder nicht. Für Menschen mit nur noch geringer Kraft in Armen und Händen sind die e-fix-Systeme jedenfalls eine leicht handhabbare und vor allem leicht zu transportierende Alternative zum klobigen "echten", dem großen Elektrorollstuhl.

   e-motion: Jede Menge Elektronik - aber ein Schwergewicht   

Leichter und handlicher als der klassische E-Rollstuhl oder die E-Scooter ist auch das ebenfalls von Alber angebotene e-motion-System. Gemeinsamkeit mit dem e-fix: Auch beim e-motion kommt die Power aus den Motoren in den speziellen Hinterrädern mit integrierten Motoren und Akkus. Aber die e-motion-Räder sind noch schwerer als die des e-fix-Systems: Sie wiegen zusammen satte 20 kg; das wird beim Transport per Auto für viele bereits zur unüberwindbaren Barriere - zumindest wenn sie nicht über ein teures Hub-Robotsystem zum "Ein- und Auspacken" des Rollstuhls mitsamt den schweren e-motion-Rädern verfügen.

Das e-motion-System funktioniert nach einem gänzlich anderen Prinzip als etwa die dauergetriebenen und per Joystick gesteuerten Antriebe nach e-fix-Art. Hier gibt es keinen Joystick. Gestartet, gelenkt, gebremst werden die e-motion-Räder - über die e-motion Räder. Bei eingeschaltetem System genügt der Griff und Schub der Greifringe, um die Motoren zu starten und den Rollstuhl in Bewegung zu setzen. Wie beim manuellen Rollstuhl gewohnt, sorgt ein kräftigerer "Schubs" der Greifringe zum Steigern der Geschwindigkeit. Kurven werden durch einseitiges Beschleunigen und Bremsen der e-motion-Räder gefahren - wie beim Fahren manueller Rollstühle ohne Zusatzbetrieb auch.

Ansonsten ist das e-motion-System vollgepackt mit feinster Elektronik. Meine Facebook-Freundin Ocea Na, selbst begeisterte e-motion Fahrerin machte mich auf einige Features aufmerksam, die mir irgendwie entgangen waren:

"Du hast vergessen, dass auch die e-Motion Räder programmierbar sind und zwar in Dingen wie.. unterschiedliche Kraftunterstützung rechts und links, bei unterschiedlicher Restkraft in der einen oder anderen Seite/Hand Arm), Vorschub und Nachlaufverhalten usw. Auch hier gibt es (wie beim SmartDrive) einen Indoor und einen Outdoor Modus, der über eine Fernbedienung ein und ausgeschaltet werden kann. Das bremsen geschieht auch hier durch eine beherztes in die Greifreifen fassen, ist bei weitem aber nicht so schwierig und damit auch für Menschen mit etwas weniger Handkraft/ Koordination möglich". 

Die Motoren des eMotions schaffen eine Höchstgeschwindigkeit von ca. 6 km/h. Eine neue modifizierte Version des Systems, den "twion", gibt es auch mit einer Höchstgeschwindigkeit von 10 km/h. Der twion hat etwas leichtere Räder als der e-motion: Sie wiegen je Rad 6 kg.

Steigungen schaffen übrigens alle hier erwähnten Systeme bis zu einem Grad von 10% und steiler. Mit "Höchstgeschwindigkeit" klettern die Zusatzantriebe meist auf Steigungen bis 6%.

   SmartDrive: Kommt auf einem "Bein" im Jogger-Tempo daher   

Gemeinsamkeiten gibt es auch zwischen dem gerade vorgestellten e-motion von Alber und dem SmartDrive der US-amerikanischen Firma MaxMobility. Auch der SmartDrive-Zusatzantrieb für manuelle Rollstühle wird ähnlich wie das eMotion-System über den mehr oder weniger kräftigen Handschwung an den Greifreifen beschleunigt, gebremst, ein- und ausgeschaltet. Auch hier werden Kurven - oder sogar ein Drehen auf der Stelle ("Marke Pirouette") - wie gewohnt durch einseitiges Bedienen der Greifreifen gefahren.

Aber: Der SmartDrive ist doch ganz anders als das e-motion-System. Der augenfällige Unterschied: Der SmartDrive wird nicht in die Hinterräder des Rollstuhls eingebaut, sondern das Antriebsmodul wird - sozusagen als "fünftes Rad am Rolli"- in die Achse der Hinterräder gehängt und schiebt über ein stabiles Rad den Rollstuhl vor sich her - etwas vereinfacht gesagt. Dieses SmartDrive-System hat wesentliche Vorteile für viele Benutzer:

Der SmartDrive ist wesentlich leichter als die anderen Systeme. Die durch eingebaute Motoren und Akkus schweren Hinterräder von e-motion (10 KG pro Rad), e-fix und twion (jeweils 6 KG pro Rad) sind nicht nötig,; stattdessen gibt es einen gerade mal drei kg leichten Akku (der einfach unter den Sitz des Rollstuhl geschoben wird) - und eben das eigentliche Antriebsmodul, das mit einem Griff in die Achse des Rollis gehängt (oder abgenommen) wird - und das mit 5 kg auch nicht zu den Schwergewichten zählt. Alles in allem bringt der SmartDrive als gerade mal 8 KG auf die Waage. Noch einmal zum Vergleich: ein einzelnes e-motion-Rad wiegt bereits 10 kg.

Und: Etwas schneller als der e-motion ist der SmartDrive auch: Seine Höchstgeschwindigkeit liegt bei immerhin 7,2 km/h - das ist durchaus Jogger-Tempo (oder sehr flottes Nordic-Walking).

Wie auch immer: Mit Ausnahme des e-fix, der sozusagen die Verwandlung eines Aktiv- oder Standardrollstuhls in eine leichte und kleine Version eines großen E-Rollstuhls ermöglicht, verlangen sowohl e-motion und twion als auch der SmartDrive seinen Fahrerinnen und Fahrern einiges ab.

Vor allem muss ein nicht gerade geringes Maß sowohl an Kraft in Armen und Händen als auch Stabilität des Oberkörpers ebenso (noch) vorhanden sein als auch die Fähigkeit zum vorausschauenden Fahren, sicheres Einschätzen der jeweiligen Verkehrssituation sowie ein ausgeprägtes und schnelles Reaktionsvermögen.

Nicht ohne Grund verlangen die Krankenkassen eine Verkehrstauglichkeitsbescheinigung des verordnenden Arztes, und der Hersteller des SmartDrives lässt sich auch noch per Unterschriften bestätigen, dass die jeweiligen Fahrerinnen oder Fahrer des Antriebs ausgiebig und gründlich auf sicherem Boden einige Probefahrten absolviert hat.

Warum das so ist, erfahren die Leserinnen und Leser des Blogs chronischLEBEN ausführlichen Selbsttest des Bloggers Jos van Aken mit seinem neuen SmartDrive.

JvA


chronischLEBEN unterwegs - (Fast) alles wird (demnächst) gut:Mit neuen Bussen und Bahnen noch barrierefreier durch Braunschweig

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Die neuen Tramino-Straßenbahnen sollen ab Jahresende alle alten behindertenunfreundlichen Bahnen ablösen

Fahrten mit Bussen und Bahnen gehören für die meisten behinderten Menschen zur Teilhabe am gesellschaftlichen Leben ebenso wie Rollator, Rollstuhl oder andere Hilfsmittel. Um so wichtiger ist es, dass nicht nur das Streckennetz und die Fahrpläne "stimmen". Ohne Barrierefreiheit nützt der modernste Bus und das neuste Straßenbahn-Modell auf den Schienen Menschen mit Behinderungen gar nichts.

In Braunschweig arbeiten die Verkehrsbetriebe, die Braunschweiger Verkehrs GmbH, seit vielen Jahren daran, vor allem Menschen, die auf Rollstühle angewiesen sind (aber auch Eltern mit Kinderwagen) die Fahrt auf ihren Bus-und Bahnlinien kreuz und quer durch die zweitgrößte StadtNiedersachsens ohne Stufen und andere Hindernisse zu ermöglichen - bisher allerdings nicht immer und überall erfolgreich.

Heute stellte die Braunschweiger Verkehrs GmbH an einem Tag der offenen Tür neue Fahrzeuge und Konzepte vor, die ab Ende des Jahres echte Barrierefreiheit versprechen. Im Interview mit dem Pressesprecher der Gesellschaft, Christopher Graffam, erfuhr chronischLEBEN-Blogger Jos van Aken, wie die Experten für den öffentlichen Nahverkehr das umsetzen wollen - und wo es möglicherweise doch noch nicht alles gleich "rund rollen" wird.

Zum Starten des Interviews klicken Sie auf den nebenstehenden Audio-Button






chronischLEBEN-Kommentar
Nach dem ersten richtigen Schritt:
Es kann nur besser werden

Das Interesse von behinderten Menschen an den neuen Straßenbahnen vom Typ Tramino und dem Langzeit-Versuchs E-Bus mit dem um Sympathie werbenden Namen "emil" war groß heute beim Tag der offenen Tür im Braunschweiger Tram-Depot. Und das nicht nur aus begreiflicher Neugierde auf und Begeisterung für neue Technologien wie die induktive, kabellose  Ladetechnik von "emil" an einigen Haltestellen.

Als Rollstuhl- und E-Scooterfaherinnen und -Fahrer oder Menschen, die mit teilweise doch recht klobigen und schweren Standard-Rollatoren unterwegs sind wollten wir wissen: Können wir demnächst endlich - zum Beispiel ohne Recherchen im Internet - vor allem in jede Straßenbahn einsteigen? - Und das ohne den unausgesprochenen, aber wegen Stufen- und anderen Barrieren unübersehbaren Hinweis: "Ihr müsst leider draußen bleiben." (Die Busse der Braunschweiger Verkehrs GmbH sind ja seit Jahren dank Tiefflur- und teilweise Neigetechnik bereits behindertengerecht ausgestattet.)

Die Antwort der Braunschweiger Nahverkehrsexperten verspricht - zumindest zum Ende dieses Jahres viel, was unsere Rechte auf Barrierefreiheit betrifft. Wenn die chicen Tramino-Straßenbahnen endlich auf allen Strecken die alles andere als "guten" alten Bahnen auf den Braunschweiger Schienen überflüssig machen, können wir aufatmen und uns auf freie Fahrt freuen.

Alles andere als befriedigend ist allerdings in Zukunft das Platzangebot für Rollstühle, Rollatoren und Kinderwagen - bereits jetzt  in den Bussen neuerer Bauart. Wo in älteren Bussen bisher problemlos bis zu drei Rollstühle normaler Breite nebeneinander Platz fanden (oder zum Beispiel zwei Kinderwagen plus ein Rollstuhl) fällt bereits jetzt in vielen Bussen mindestens ein Rollstuhlplatz weg. Warum, das kann oder mag niemand so recht begründen. In den neuen Tramino o-Straßenbahnen ist das Platzangebot möglicherweise günstiger: Dort gibt es (zumindest theoretisch) an jedem Einstieg einen Rollstuhlplatz; nur ist der bisher meist noch von "normalen" Sitzen dann wieder eingeengt. Und im "emil"-Elektrobusses haben E-Scooter zusätzlich das Problem, um die Ecke manövrieren zu müssen, um "ihren" Behindertenplatz zu erreichen.

Es ist also noch einiges an Nachbesserungen nötig. Der Sprecher der Braunschweiger Verkehrs GmbH, Christoph Graffam, sagte im Interview mit chronischLEBEN zu, gemeinsam mit den behinderten Menschen das Barrierefreiheit-Konzept weiter zu optimieren. Wir freuen uns drauf.


Jos van Aken


Kommentar


chronischLEBEN Video-PodcastGlaube, Hoffnung - Baden

chronischLEBEN kreativFliegen lernen ...& mehr

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Eigentlich als Beitrag zum Selfie-Video-Contest "Ich liebe mein Leben" der BAG Selbsthilfe und des BKK Bundesverbandes geplant und realisiert. Entsprach aber nicht den Teilnahmebedingungen - Sogenannte Animierte "Stills", also Fotografien, werden nicht zugelassen.

chronischLEBEN Video-PodcastSelbstverteidigung - ganz ohne K(r)ampf

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